Als für Mirena Dietterle in der achten Klasse das Berufspraktikum anstand, hatte sie zunächst an einen Kindergarten gedacht. Doch die Arbeit der Erzieherinnen ist körperlich anstrengend. Es sollte also ein Bürojob sein. Die Idee, in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten, lag nahe: „Ich bin schon immer in unserer Familie diejenige gewesen, die gerne Recht hatte“, sagt sie und lächelt verschmitzt. So freute sie sich, dass sie 2013 ihr Schulpraktikum in der Kanzlei Dr. Friedrich & Partner absolvieren konnte. Die familiäre Atmosphäre und das freundliche „Klima“ gefielen Mirena.
Aus Praktikum wurde Ausbildung
Dr. Ingo Friedrich schloss mit ihr im September 2015 einen Ausbildungsvertrag ab, wohlwissend, dass er sich auf viele Unwägbarkeiten einließ. „Wir wussten nicht, wie sich Mirenas Erkrankung auf den Berufsalltag auswirken würde. Ich habe zuvor das Einverständnis meiner Mitarbeiterinnen eingeholt. Denn wenn nicht alle Beteiligten diese Entscheidung mittragen, kann es nicht funktionieren.“ Umgerechnet auf das Jahr ist die Auszubildende ein bis zwei Arbeitstage pro Woche krank. Mirena fehlt oft sehr kurzfristig: „Wenn ich morgens schlecht Luft bekomme, muss ich absagen.“
Mirena ist ein Gewinn
Ingo Friedrich gibt zu, dass die vielen Fehltage ein erhöhtes Maß an Organisation bedeuten. „Es ist schon ein Stressfaktor, dass man immer damit rechnen muss, dass Mirena ausfällt“, sagt er. Eine ehemalige Kanzleiangestellte steht als Aushilfe zur Verfügung. Auch wenn Mirena sehr kurzfristig absagt, bekommt es das kleine Kanzleiteam immer wieder hin, die Situation zu meistern. Dennoch ist sie ein Gewinn. „Sie ist eine Perle, ein Goldstück“, sagt ihr Chef. Sie habe Mut zur eigenen Meinung, sei ehrlich, pünktlich, zuverlässig und tüchtig. „Ich habe auch den Eindruck, dass Mirena durch ihre Krankheit einen Reifevorsprung gegenüber vielen Gleichaltrigen hat. Sie weiß, was wirklich wichtig ist im Leben.“