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Ethik – Brücke und Grenze des Handelns

LWV-Klinikführungskräfte berieten zu Grundfragen

Standen im vergangenen Jahr überwiegend betriebswirtschaftliche und unternehmensstrategische Themen auf der Agenda, beschäftigten sich die Klinikführungskräfte des LWV in ihrer diesjährigen Jahrestagung mit der anderen Seite derselben Medaille: Welche ethischen Dimensionen bestimmen das Handeln in den Kliniken? Wird der Patient angesichts des Kostendrucks zum Objekt der Behandlung? Rund 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Septembertagung in Hadamar machten sich auf die Suche nach dieser wichtigen „Hilfestellung für das Tagesgeschäft“, wie es LWV-Fachbereichsleiter Peter Lutze eingangs formulierte.

Zu Beginn war zunächst ein wenig gegenseitiges Beschnuppern angesagt, schließlich wollten die Klinikführungskräfte ihren neuen Dienstvorgesetzten kennen lernen. Dieser Aufgabe stellte sich Landesdirektor Uwe Brückmann gern und erläuterte neben Persönlichem auch seine Vorstellungen zur Modernisierung der LWV-Einrichtungen, die sich an den durch die Verbandsversammlung im Juli gefassten Beschlüssen orientieren. So sollen die bisherigen Eigenbetriebe zu Beginn des kommenden Jahres als gemeinnützige GmbHs ihre Arbeit fortsetzen. Bis die GmbHs ins Handelsregister eingetragen seien, liege in den kommenden Wochen aber noch ein gutes Stück Arbeit vor allen Beteiligten, umriss der LWV-Chef die nächsten Schritte. Der Landesdirektor zeigte sich zuversichtlich, dass der für den Rechtsübergang ins Leben gerufene Umsetzungsbeirat seine Arbeit zügig fortsetzen werde. Er hoffe, so Brückmann weiter, die Entscheidung der Verbandsversammlung habe das Privatisierungsgespenst endlich vertreiben können, welches in den vergangenen Monaten immer wieder aufgetaucht sei.

Ethik als Normen des Handelns

Dr. Bernhard Emunds vom Oswald von Nell-Breuning-Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik in Frankfurt machte die Konferenzteilnehmer zum Einstieg mit dem Ethik-Begriff und unterschiedlichen Ethik-Traditionen vertraut, die jeweils moralische Begründungen lieferten, unter denen Institutionen wie auch Individuen handeln. In Organisationen, wie sie auch Kliniken darstellen, müsse die Würde des Einzelnen trotz asymmetrischer (ungleicher) Beziehungen geachtet werden. Den Faden, die Würde eines jeden Patienten zu achten und ihn nicht zum Objekt der Behandlung degenerieren zu lassen, nahm Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber, früher Staatssekretär im niedersächsischen Wissenschaftsministerium und ehemaliger Präsident der Uni Göttingen, auf. Das Stichwort für Schreiber hatte Lutze bereits geliefert: Seit rund 15 Jahren sind die Budgets der Krankenhäuser und auch die der Heime „gedeckelt“, als Bestimmungsgröße für den Mittelzufluss dient nicht (ausschließlich) der Behandlungs- und Betreuungsbedarf, sondern die Einnahmesituation bei den Kostenträgern, allen voran bei den Krankenkassen. Aus ethischen Anschauungen „geronnene“ rechtliche Normen geböten es, so Schreiber, in der ärztlichen und pflegerischen Leistung am Patienten nicht lediglich eine Leistung um der Gegenleistung (Bezahlung) Willen, sondern um des Bedarfes Willen zu sehen: „Jedermann hat den gleichen Anspruch auf Gesundheit und Leben, ob arm oder reich, ob Nobelpreisträger oder Taugenichts.“ Zwar dürfe die Gesellschaft diesen Hilfebedarf nicht verweigern oder substanziell einschränken, jedoch bedürfe es eines „informed consent“, einer informierten Zustimmung des Patienten, da als ein weiteres ethisches Prinzip das Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Menschen nicht außer Acht gelassen werden dürfe: „Der Arzt hat den Kranken, gerade den Schwachen, Behinderten und nicht mehr voll Handlungsfähigen als Person zu achten, den er grundsätzlich nicht gegen seinen Willen einfach behandeln darf.“ Das allerdings bedeute nicht, sagte Schreiber weiter, dass Autonomie und Selbstbestimmung alleinige Bestimmungsgrößen für eine medizinische oder therapeutische Behandlung seien: Zuerst käme die Sorge um das Wohl des Kranken, der Behandler aber sei verpflichtet, auch ein partnerschaftliches Verhältnis zum Patienten herzustellen. „Informed consent“ bedeute daher stets „Einwilligung nach Aufklärung“, was, falls erforderlich, auch die Einwilligung durch einen Betreuer einschließe.

Wohl und Wille des Patienten

Wie schwierig die Balance zwischen dem medizinisch Möglichen und dem Willen des Patienten zu halten ist, illustrierte Schreiber an der aktuellen Debatte um Sterbebegleitung und Sterbehilfe. Hier gäbe es den Trend, das Selbstbestimmungsrecht zunehmend in den Vordergrund zu rücken. Es sei nicht zu erwarten, dass in Deutschland das strafrechtlich bewehrte Verbot der aktiven Sterbehilfe fallen werde. Jedoch müsse überdacht werden, mittels welcher Instrumente die Frage ethisch richtig beantwortet werden könne, wie lange eine kurative, lebensverlängernde Behandlung aufrechterhalten werden muss und wann zu palliativer Versorgung übergegangen werden darf. Schreiber sieht hier eine „Tendenz zu maximaler Versorgung als Folge der modernen Medizin“ mit der (fallweisen) Konsequenz, dass Leiden nicht geheilt oder gelindert, sondern Leben unter nicht zu ertragenden Bedingungen erhalten werde. Die Patientenverfügung könne ein Hilfsmittel gegen diese Entwicklung darstellen, durch sie dürften jedoch nicht die konkreten Bedürfnisse des Kranken durch eine zuvor verschriftlichte, formelhafte Regelung vernachlässigt werden. Auch beim Vorliegen einer Patientenverfügung gelte das Prinzip der oft nicht einfachen, ethischen Synthese von Wohl und Wille des Patienten. (jda)

Die Beiträge der Führungskräftekonferenz sind in einem Tagungsband zusammengetragen. Er kann bei Interesse angefordert werden bei: Martin Neßhold, LWV Hessen, Hauptverwaltung, Fachbereich Einrichtungen,
Tel.: 05 61 / 10 04 – 23 48,
EMail: martin.nesshold@lwv-hessen.de 


Ungewohnte Klänge

Musikalisch begrüßt wurden die LWV-Klinikführungskräfte während einer Führung durch das Klinikgelände des ZSP Am Mönchberg vom Gospelchor der Klinik für forensische Psychiatrie, der seit einigen Monaten von Martin Buschmann, Kantor der Evangelischen Kirche, geleitet wird und ausnahmslos aus Patienten des Maßregelvollzuges besteht, die sich dort zu einer Therapie aufhalten. Der Chor, zunächst als „Projekt“ angelegt, hat inzwischen schon einige Auftritte, überwiegend bei hausinternen Anlässen, hinter sich. Sein Repertoire entspricht dem klassischer Gospelgruppen: Die Lieder sind meist religiösen Inhalts und amerikanischer Herkunft. Mit den gesanglichen Fortschritten ist der Chorleiter durchaus zufrieden und lobt den Einsatz seiner Mitglieder: „Immerhin kommen die Patienten zu den Proben freiwillig und mit hoher Motivation. Das ist bei Konfirmanden nicht immer der Fall“. Sozialarbeiter Klaus Hohnel sah bereits bei der Gründung des Chores positive Folgen für die Patienten: Sie würden lernen, ihre Stimmungen auszudrücken und mit konstruktiver Kritik und Lob umzugehen. Auch stärke das Singen im Chor das Selbstbewusstsein: „Die Patienten gewinnen den Mut, auch einmal auf positive Weise im Mittelpunkt zu stehen.“ Unterstützt wird der Chor durch die evangelische Krankenhausseelsorgerin Klaudia Ehmke-Pollex und Mitarbeiter des Krankenpflegeteams.
Alexander Jung/(jda)


Beteiligungsbericht 2004

Der Superindikator als wichtiges Bewertungskriterium der zur LWV-Unternehmensgruppe gehörenden ZSPs und Kliniken ist im vergangenen Jahr erneut nach oben geklettert: Für 2004 hat er einen Wert von 11,0 erreicht, nachdem er im Jahr davor noch bei 7,7 lag. In der Summe hat sich somit die Bestandssicherheit der Einrichtungen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, die Eigenbetriebe und gemeinnützigen GmbHs befinden sich ganz überwiegend auf einem erfolgreichen Konsolidierungskurs. Der Superindikator ist das aggregierte Ergebnis unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Kennzahlen wie Umsatzrendite, Finanzkraft und Eigenkapitalquote. Auch krankenhausspezifische Indikatoren wie der Umsatz pro Bett und der Umsatz pro Mitarbeiter fließen in die Berechnung ein. Der Beteiligungsbericht, der den Gremien des LWV in jedem Jahr vorgelegt wird, enthält neben den globalen Daten viel Zahlenmaterial zu den Unternehmen, die der LWV als Eigenbetriebe oder Alleingesellschafter einer gGmbH führt. Auch die Minderheitsbeteiligungen sind dargestellt. Der Fachbereich Einrichtungen legt einen Beteiligungsbericht bereits seit 1997 vor, gesetzlich vorgeschrieben ist er hingegen erst durch die jüngste Novelle der Hessischen Gemeindeordnung und wird ab 2005 obligatorisch. (jda)