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LWV verabschiedet Resolution

Inklusion ausreichend finanzieren


Blick in eine Plenarsitzung der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen (Foto: Uwe Zucchi)

Blick in eine Plenarsitzung der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen (Foto: Uwe Zucchi)

14.12.2023

Kassel (lwv): In einer jetzt verabschiedeten Resolution fordert die Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen, dass Inklusion zukünftig auch durch Land und Bund angemessen und ausreichend finanziert werden muss und formuliert konkrete Forderungen. „Wir rufen Bund und Land auf, sich neben Kreisen und kreisfreien Städten ebenfalls nachhaltig an den Kosten der Eingliederungshilfe zu beteiligen, damit die kommunale Familie handlungsfähig bleiben kann“, betont LWV-Landesdirektorin Susanne Selbert.

Vielfältige Gründe verlangen neue Finanzierung

Bundes- als auch hessenweit sind die Ausgaben der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen enorm angestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass die Zahl der Menschen, die Anspruch auf Leistungen haben, stark zugenommen hat und weiter zunehmen wird. Das gilt insbesondere für Menschen mit einer psychischen Behinderung. Zudem steigt die Lebenserwartung von Menschen mit wesentlichen Behinderungen und damit verbunden über die Jahre deren Unterstützungsbedarf. Der LWV geht davon aus, dass in Hessen einerseits 1.000 zusätzliche Fälle pro Jahr und andererseits steigender Hilfebedarf der derzeitigen Leistungsberechtigten zu einer finanziellen Mehrbelastung seines Haushalts von über 40 Millionen Euro jährlich führen. Eine andere finanzielle Zusatzbelastung resultiert aus den Tarifsteigerungen für das Personal bei den Leistungserbringern, also jene, die vor Ort die behinderten Menschen unterstützen. So wirkt sich eine Steigerung von einem Prozentpunkt auf den LWV-Haushalt mit fast 14 Millionen Euro aus. Denn über 80 Prozent der Kosten der Eingliederungshilfe sind Personalkosten der Leistungserbringer.
Den beschriebenen Mehrausgaben stehen erhebliche Mindereinnahmen gegenüber, weil die geänderten Freigrenzen im Bundesteilhabegesetz (BTHG) bei Einkommen und Vermögen dazu führen, dass die leistungsberechtigten Menschen rund 13 Millionen Euro weniger Eigenanteil an den LWV zahlen müssen. „Wir begrüßen sowohl die Tarifsteigerungen als auch die erhöhten Freigrenzen. Die finanziellen Folgen dürfen aber nicht allein von den Kommunen getragen werden“, ergänzt Susanne Selbert.

Als Folge der aktuellen Entwicklungen steigt die Verbandsumlage, welche die Landkreise und kreisfreien Städte zahlen, stetig an und wird weiterhin steigen. Allein für den LWV Hessen wird für das Haushaltsjahr 2024 ein Verbandsumlagebedarf in Höhe von mehr als 1,8 Milliarden Euro erwartet. Verglichen mit der Verbandsumlage vor zehn Jahren, die sich damals auf rund 1,1 Milliarden Euro belief, stellt dies eine Erhöhung um fast 60 Prozent dar.

Forderungen der LWV-Verbandsversammlung

  • Das Land Hessen muss eine angemessene Finanzausstattung gewährleisten
    Rund 1,8 Milliarden Euro Verbandsumlage müssen die Landkreise und kreisfreien Städte in 2024 für den LWV aufbringen. Damit stehen diese vor immensen Herausforderungen. Die Verbandsversammlung fordert, dass das Land durch eine angemessene Finanzausstattung die Belastungen für die Kommunen reduziert.
     
  • Behinderte Menschen müssen die vollen Pflegeversicherungsleistungen erhalten
    Behinderte Menschen, die in einer so genannten besonderen Wohnform (früher: stationäre Einrichtung) leben und Eingliederungshilfe erhalten, haben laut Sozialgesetzbuch XI höchstens Anspruch auf eine Pauschale von 266 Euro monatlich aus der Pflegeversicherung. Nicht behinderte Menschen, die in einem Pflegeheim leben, können ein Vielfaches beanspruchen. Diese Ungleichbehandlung durch die Pflegekassen betrifft rund 8.400 pflegebedürftige behinderte Menschen in Hessen. Die Verbandsversammlung fordert, diese Regelung zu reformieren, um die Menschen mit Behinderung den anderen Pflegeversicherten gleichzustellen.
  • Anteilige Kosten des LWV für Unterkunft muss der Bund erstatten
    Rund 12,7 Millionen Euro muss der LWV in 2024 aufbringen, weil er Kosten vom Bund nicht erstattet bekommt: Die Kreise und kreisfreien Städten zahlen überwiegend für Menschen mit Behinderungen die Mieten in einem festgesetzten Rahmen. Die bekommen sie vom Bund erstattet. Übersteigen die Kosten diesen Rahmen um mehr als 25 Prozent, muss der LWV solche Mehrkosten über die Eingliederungshilfe tragen, die dem LWV vom Bund allerdings nicht erstattet werden. Die Verbandsversammlung fordert, den LWV gleich zu behandeln und die Mehrkosten künftig zu übernehmen.
    Den gesamten Resolutionstext finden Sie im Anhang der Pressemitteilung.

Hintergrund

Die LWV-Verbandsversammlung setzt sich für eine angemessene Finanzausstattung der Träger der Eingliederungshilfe ein, da Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Dies wurde in Deutschland ausdrücklich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 anerkannt. Die Bundesregierung hat dazu einen Nationalen Aktionsplan verabschiedet. Dessen 2. Auflage enthält 175 Maßnahmen in 13 Handlungsfeldern, so zum Beispiel Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Ein Großteil dieser von der Bundesebene beschlossenen Maßnahmen muss indes von den Kommunen umgesetzt und finanziert werden.

Die Verbandsversammlung (VV) des LWV Hessen ist das oberste Organ des Verbandes. Als sogenanntes Hessisches Sozialparlament hat sie maßgeblichen Anteil an der Gestaltung der Unterstützungsstruktur behinderter und benachteiligter Menschen in Hessen. Sie tritt vierteljährlich im historischen Ständehaus in Kassel zusammen, dem Sitz der Haupt- und Regionalverwaltung Kassel des LWV Hessen.
Der VV gehören 75 Abgeordnete an, die von den Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte und den Landkreistagen gewählt wurden. Sie verteilen sich auf sieben Fraktionen:

CDU                                           22 Sitze

SPD                                            19 Sitze

Bündnis 90/Die Grünen     15 Sitze

FDP                                               6 Sitze

Freie Wähler                              5 Sitze

Die Linke                                     4 Sitze

AfD                                                4 Sitze

SPD, Grüne, FDP und Freie Wähler bilden in dieser Legislaturperiode eine Koalition.


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