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Interview mit Bernd Bark zum Amtsantritt beim LWV Hessen

Herr Bark, Sie waren fast 28 Jahre im Studio Kassel des Hessischen Rundfunks beschäftigt, die letzten Jahre in Leitungsfunktion. Warum haben Sie sich jetzt entschieden, zum LWV zu wechseln?

Die Kurzform: Weil es einfach genau das spannende, neue und herausfordernde Jobangebot zur rechten Zeit war, das ich gesucht habe.

Etwas ausführlicher: Der Job als Journalist beim hr in Kassel war natürlich sehr abwechslungsreich, interessant und hat mir unglaublich viele Einblicke verschafft. Als Reporter war ich im Kalibergbau mehrere Hundert Meter untertage, mit einem Luftschiff auf Insektenfang, im Inneren der Edersee-Sperrmauer.

Auch in der Leitungsfunktion gab es spannende Aufgaben und Themen, aber am Ende des Tages hat sich vieles dann einfach wiederholt. Skispringen in Willingen ohne Schnee, Skispringen in Willingen mit zu viel Schnee, die documenta-Ausstellungen... Tja, und mit der Ausschreibung jetzt im Februar, da hat es dann gepasst. Der LWV ist ein attraktiver und zuverlässiger Arbeitgeber, der Verband ist ein relevanter Player in den sozialen Sicherungssystemen und bewegt jedes Jahr ein Budget im Milliardenbereich. Der Einsatz für die Menschen in unserer Gesellschaft, die Unterstützung brauchen, der Auftrag, als Treiber für Inklusion in Hessen tätig zu sein und dafür zu sorgen, dass Hilfe dort ankommt, wo sie benötigt wird, das alles ist einfach wichtig, sinnvoll und dort will ich gerne daran arbeiten, dass die Themen noch stärker in den Medien und der Öffentlichkeit so "verkauft" werden, wie sie es verdienen.

Worauf freuen Sie sich am meisten? Was sind die Aufgaben, die Sie als erstes anpacken wollen?

Ein guter Journalist ist immer neugierig. Das ist bei 20-jährigen Menschen in der Branche nicht anders als bei 50-jährigen, ich selbst bin ja auch schon 54, würde das aber für mich in Anspruch nehmen. Somit freue ich mich darauf, ganz viele neue Kolleginnen und Kollegen kennenlernen zu dürfen. An erster Stelle natürlich mein Team in der Stabsstelle 060. Überhaupt, das ganze Haus muss ich jetzt möglichst schnell erkunden: von den Kolleginnen und Kollegen an der Pforte bis zur Landesdirektorin. Dazu kommen noch die Verwaltungen in Wiesbaden und Darmstadt, die Gedenkstätten, die vielen Schulen, Vitos und, und, und…

Neben den Menschen ändern sich natürlich auch die Themen, in die ich mich zum Großteil auch noch einarbeiten muss, und sicher auch die Strukturen. Eine Verwaltung arbeitet anders als eine crossmediale Redaktion, das ist klar. Einiges wird hierarchischer sein, die richtigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Themen gilt es zu finden und bei Entscheidungen mit ins Boot zu holen. Dazu kommt auch noch einmal der gesamte parlamentarische Apparat: die Verbandsversammlung, der Verwaltungsausschuss, die Abläufe in der Verwaltung etc. Vor all diesen Dingen habe ich einen großen Respekt, aber ich sehe ihnen auch mit großer Freude entgegen. Auf zu neuen Ufern!

Und was als erstes anzupacken ist, ist auch klar: Der Aufbau der LWV Social Media-Kanäle und die Präsenz auf den digitalen beruflichen Netzwerk-Plattformen wie LinkedIn oder Xing hat als neue Aufgabe höchste Priorität. Dazu werden wir im Team Öffentlichkeitsarbeit eine Social Media-Strategie ausarbeiten, mit den anderen relevanten Abteilungen und der Verbandsspitze abstimmen und möglichst zeitnah umsetzen. Warum? Vier von fünf Menschen in Deutschland nutzen täglich das Internet. Instagram zählt in Deutschland rund 25 Millionen Nutzer, Facebook sogar zwischen 30 bis 45 Millionen, je nach Studie. Die Plattform YouTube hat ebenfalls Millionen von Nutzerinnen und Nutzern und ist nach Google sogar die weltweit zweitgenutzte Suchmaschine, beliebt vor allem auch bei jüngeren Menschen.

Das hört sich einleuchtend an…

Ja, trotz aller zum Teil sehr berechtigter Kritik in Sachen Datenschutz und Cybersecurity: Wir kommen an diesen Plattformen nicht vorbei, wenn wir wahrgenommen werden und die Menschen dauerhaft erreichen wollen. Gleiches gilt für das Recruiting, also die Personalgewinnung. Früher mussten die jungen Leute auf ihren Arbeitgeber zugehen. Jetzt hat sich das Verständnis umgedreht: Die Arbeitgeber – mögen sie auch noch so attraktiv und sicher sein, wie auch der LWV – müssen auf die jungen Menschen zugehen und sie dort finden, wo sie sich die meiste Zeit befinden: im Netz, auf den Social Media-Plattformen. Nur so werden wir in Zukunft die besten Kandidatinnen und Kandidaten für unsere Ausbildungsplätze und auch passendes Führungspersonal finden können.

Eines muss aber auch klar sein: Ich allein und auch nicht mit meinem Team, wir können keinen Schalter umlegen und schwupps, sind wir ab Tag X auf allen Social-Kanälen präsent und nebenbei noch auf den beruflichen Plattformen aktiv. Das ist ein längerer Prozess und wir werden mit einzelnen Kanälen anfangen und dann nach Bedarf, Sinn und finanziellen sowie personellen Ressourcen ausbauen. Und natürlich auf die Unterstützung und gute Zusammenarbeit mit anderen Bereichen angewiesen sein. "Und sonst noch?" Digitalisierung der Arbeitsabläufe, mögliche Nutzung von KI für einfache redaktionelle Tätigkeiten (aber immer unter menschlicher Endkontrolle!) und vor allem den gesamten Strauß der bisherigen Regelaufgaben gilt es ja ebenfalls im Blick zu behalten: Pressemitteilungen, Hessentag und die jetzt anstehende Museumsnacht.

Was kannten Sie bisher bereits vom LWV bzw. was konnten Sie schon kennenlernen?

Berufsbedingt hatte ich beim Hessischen Rundfunk schon früh mit dem LWV Hessen zu tun. Tatsächlich habe ich in den letzten Wochen noch einmal das hr-Archiv gecheckt: Bereits 1997 habe ich als Reporter über neue Wohnprojekte für Menschen mit Behinderung berichtet, Interviewpartner war damals als Erster Beigeordneter Lutz Klein. In der Folge habe ich über die letzten 25 Jahre natürlich immer wieder mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Öffentlichkeitsarbeit zu tun gehabt. Ich war auch beim Festakt zum 70-jährigen Bestehen des LWV vor rund vier Wochen im Ständehaus. Dort hatte ich am Rande bereits Gelegenheit, mit einigen Kolleginnen und Kollegen zu sprechen und erste Eindrücke zu gewinnen. Da habe ich ein ehrliches, konstruktives Interesse am "Neuen" gespürt und auch so etwas wie ein Wir-Gefühl im Verband. Das fand ich alles sehr erfrischend und motivierend.

Ich weiß natürlich, dass der Verband Menschen mit Behinderung, psychisch kranke und sozial benachteiligte Menschen unterstützt, Träger von Förderschulen und Alleingesellschafter der Vitos gGmbH ist, also die Basics. Dennoch kenne ich Stand jetzt sicher nur einen Bruchteil der Standorte, Strukturen und Aufgaben des LWV. Da muss ich noch einiges möglichst schnell "aufsaugen" und kennenlernen. Speziell auch die Einrichtungen und Regionalverwaltungen außerhalb von Nordhessen, meinem bisherigen Schwerpunktgebiet der journalistischen Berichterstattung, möchte ich schon bald besuchen und mir einen persönlichen Eindruck verschaffen.

Was dürfen wir von Ihnen erwarten bzw. was auf gar keinen Fall?

Also, ich bin ein echter Kommunikator, Teamplayer und Fan davon, über die Grenzen hinaus mit anderen Bereichen eng, intensiv und vertraulich zusammenzuarbeiten. Von starren Hierarchien und Strukturen bin ich nicht so überzeugt, von klaren Verantwortlichkeiten am Ende aber schon.

Worauf ich hinaus will: In der modernen Arbeitswelt sollten wir unsere Abläufe stets prüfen, nach Optimierungspotential suchen und offen für technische Neuerungen sein – und dabei alle Kolleginnen und Kollegen mitnehmen. Das gilt für meine eigene Stabsstelle und idealerweise auch für die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen. So schaffen wir für unseren Verband die maximale Produktivität und bleiben am Puls der Zeit. Klar sein muss aber auch: Verändern und Gestalten, das funktioniert natürlich nur, wenn man zuvor genau zuschaut, hinhört und die bisherigen Arbeitsweisen versteht und kennenlernt. Ich persönlich werde also nicht gleich im August kommen und sofort irgendwelche neuen Fakten schaffen. Eine Vielzahl von Ideen und Vorschlägen habe ich aber schon im Gepäck. In der Politik gilt die 100-Tage-Frist für eine seriöse Einarbeitung in die Amtsgeschäfte, die würde ich jetzt auch mal für mich reklamieren wollen.

Und zum Schluss noch ein kurzer Blick ins Private. Fünf Fragen:

1. Hobbys? Laufen, im Sommer auch schwimmen. Mit meiner Frau ins Theater gehen, in Kassel und auch in Göttingen.

2. Tee oder Kaffee? Tee, genauer gesagt Früchtetee.

3. Hunde- oder Katzenfreund? Katze. Tatsächlich haben wir auch eine daheim.

4. Auto, Fahrrad oder "Öffis"? E-Auto

5. Lieblingsort? Im Sommer unsere Hängematte im Garten. Über den Gartenzaun hinaus ist der Herkules immer wieder ein toller, beindruckender Ort. Zu seinen Füßen über die Silhouette der Stadt zu schauen sorgt dafür, die eigene "Größe" gut einordnen zu können. Das erdet.

Die Fragen stellte Petra Schaumburg-Reis