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Überörtliche Sozialhilfe übersteigt Milliardengrenze

LWV-Etat 2004 eingebracht

Erstmals liegen die Ausgaben für die überörtliche Sozialhilfe, das ist vor allem die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen, jenseits der Milliardengrenze – gerechnet in Euro. Der Haushaltsentwurf für 2004, der zur Plenartagung der LWV-Verbandsversammlung im Dezember erstmals von Erstem Beigeordneten und Kämmerer Uwe Brückmann eingebracht wurde, wird daher ohne eine Anhebung des Hebesatzes für die Verbandsumlage aller Voraussicht nach nicht auskommen. Der Entwurf sieht einen Hebesatz von 15,23 % (2003: 13,99 %) vor. Ob er sich bei Verabschiedung des Haushaltes im März 2004 in dieser Höhe bestätigen wird, hängt noch von Entscheidungen außerhalb des Verbandes ab.

"Eine Anhebung ist wegen anhaltender Fallzahl- und Kostensteigerungen in der überörtlichen Sozialhilfe nicht zu umgehen, obwohl der LWV durch seine innovativen Konzepte auch im kommenden Jahr Einsparungen in Millionenhöhe erzielen wird. Bei der Personalkostenentwicklung schaffen wir eine ‚schwarze Null’. Im Haushalt 2004 setzen wir den Restbetrag der Rücklage ein, auch um damit – soweit es geht – auf die katastrophale Finanzlage in den Landkreisen und kreisfreien Städte zu reagieren," umriss Brückmann die Haushaltsplanung vor den Abgeordneten.

Kostensteigerungen

Das Haushaltsvolumen im Verwaltungshaushalt wachse im kommenden Jahr um rund 7,4 % auf 1,238 Mrd. Euro in Einnahme und Ausgabe, so Brückmann in seiner Haushaltsrede. Hauptursache sei die Steigerung bei der überörtlichen Sozialhilfe um 78,1 Mio. Euro auf nun 1,030 Mrd. Euro. Damit seien rund 83 % aller Ausgaben des Verwaltungshaushaltes Sozialhilfeleistungen. Ein Großteil der Kostensteigerungen entstehe durch das neu geschaffene Grundsicherungsgesetz, welches den Kreis der Anspruchsberechtigten verbreitere und die sog. “verschämte Armut” abbauen soll. Rechne man diese Leistungen heraus, blieben gegenüber dem Vorjahr noch immer Mehrausgaben von 37,8 Mio. Euro. Dies sei auf die demografische Entwicklung und auf die verbesserte medizinische Versorgung bei den Menschen mit Behinderungen zurückzuführen, sagte der LWV-Kämmerer. Menschen mit Behinderungen seien jünger als der Durchschnitt der Bevölkerung. So liege z. B. das Durchschnittsalter eines Heimbewohners bei 40 Jahren. Auch steige die Zahl der mehrfach- und schwerstbehinderten Menschen, erläuterte Brückmann.

Angesichts der Kostensteigerungen bei der überörtlichen Sozialhilfe gäbe es keine Alternative zu einer maßvollen Anhebung des Hebesatzes, da, bliebe dieser unverändert, wegen der schwächeren Finanzkraft der Kommunen im kommenden Jahr eine nicht mehr anderweitig auszugleichende Deckungslücke im LWV-Haushalt entstehen würde. Der LWV werde weiterhin mit ganzer Kraft an einer wirkungsvollen Kostendämpfung bei den sozialen Transferkosten arbeiten und so bereits jetzt spürbare Entlastungen verstärken, versicherte Brückmann. Hierbei stünde im Mittelpunkt, die klassische Dreiteilung in der Behindertenhilfe „stationär – teilstationär – ambulant” zu Gunsten vernetzter und durchlässiger Angebote aufzuheben. Hier wolle der LWV sein Erfolgsmodell „Wohnen im Verbund” weiter vorantreiben. Die bereits gestarteten Modellprojekte würden zeigen, dass das „Wohnen im Verbund” integrierte und passgenaue Wohnformen zur jeweiligen Lebenssituation der Menschen anbieten könne. Daher setze der LWV den Ausbau des Betreuten Wohnens fort, Ende 2003 stünden 6.364 finanzierte Plätze zur Verfügung (1995: 4.110 Plätze, 2000: 5.905 Plätze).

Kostendämpfung erfolgreich

Auch setze der LWV den bereits eingeschlagenen Weg der Kostendämpfung seiner Verwaltungsausgaben fort. Der Haushaltsentwurf komme trotz gestiegener Fallzahlen und neuer Aufgaben durch das Grundsicherungsgesetz mit einer “schwarzen Null” bei den Personalausgaben aus, der Personalkostenanteil für Haupt- und Regionalverwaltungen könne mit 3,71 % sogar noch unter dem Anteil des Vorjahres gehalten werden.

Die Einbringung des Haushaltes für 2004 erfolge trotz einiger finanzieller Unwägbarkeiten, die mit der konjunkturellen Entwicklung wie auch mit gesetzgeberischen Vorhaben der Bundesregierung zusammenhänge, die erst Ende Dezember 2003 im Vermittlungsausschuss entschieden wurden. Hier und auch bei der Novellierung des Landesblindengeldgesetzes könnten sich noch Änderungen ergeben, die dann zur Verabschiedung des Haushaltes im März 2004 eingearbeitet werden sollen. Die schwierige finanzielle Situation der Kommunen mache es auch unmöglich, Leistungskürzungen bei sozialen Aufgaben, die die Landesregierung im Rahmen der Operation „Sichere Zukunft” angekündigt habe, aufzufangen: „Der Haushaltsentwurf sieht vor, dass der LWV diese Einrichtungen, wie beispielsweise Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen, in etwa dem Umfang dieses Jahres weiter fördert. Wir können aber nicht zusätzlich für das Land Hessen einspringen”, machte der Kämmerer deutlich.

Zusammen mit dem Haushaltsplan legte Brückmann den Abgeordneten auch die Wirtschaftspläne der kaufmännisch geführten Einrichtungen des LWV vor. Hessenweit halte die LWV-Unternehmensgruppe in ihren Kliniken 4.500 teil- und vollstationäre Betten und Plätze – überwiegend in psychiatrischen Kliniken – vor. Der Träger LWV beschränke sich bei seinen Kliniken auf eine strategische Steuerung, entscheidender Faktor sei hier die Marktentwicklung. Dass die Kliniken erfolgreich am Markt operierten, könne man daran erkennen, dass die Kliniken trotz erheblichen Kostendrucks ausgeglichene Wirtschaftspläne für das Jahr 2004 vorgelegt hätten. Das Paket des Haushaltsplanes 2004 mit den Budgets der Zielgruppenmanagements und den Wirtschaftsplänen der kaufmännisch geführten Einrichtungen wurden von der Verbandsversammlung zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Die zweite Lesung mit Verabschiedung des Etats ist für den 17. März 2004 vorgesehen.

Fernwald

Die Erwartungen der kommunalen Seite auf spürbare Entlastungen durch die am Ende sehr hektischen und daher wohl an manchen Stellen undurchdacht wirkenden Entscheidungen des Vermittlungsausschusses hätten sich nur zu einem kleinen Teil erfüllt. Mit diesem Fazit leitete LWV-Landesdirektor Lutz Bauer das alljährliche Treffen von Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände, der Landkreise und kreisfreien Städte und des LWV in Fernwald bei Gießen ein, bei dem es wiederum hauptsächlich um die Haushaltsdaten beim LWV ging. Heftige Zustimmung der kommunalen Vertreter war ihm hier gewiss. Enttäuscht zeigte sich Bauer vor allem über den Beschluss zum Bundesssozialhilfegesetz (BSHG), welches nun als XII. Teil in das Sozialgesetzbuch (SGB) eingegliedert würde. „Unsere Forderung, für die Eingliederungshilfe behinderter Menschen ein zukunftstaugliches Leistungsgesetz außerhalb der Sozialhilfe zu beschließen, wurde nicht auf den Weg gebracht. Nach wie vor ist eine vernünftige Finanzierung, die nicht ausschließlich die kommunale Seite belastet, in weiter Ferne“, sagte der Landesdirektor, bevor Erster Beigeordneter Uwe Brückmann die Teilnehmer der Veranstaltung mit den LWV-Haushaltsdaten vertraut machte. (jda)