Logo LWVblog

Landesregierung und LWV-Verbandsversammlung bestätigen Standortplanungen für Maßregelvollzug

Neue Klinik in Riedstadt - Ausbau in Hadamar

Hessische Landesregierung und LWV-Verbandsversammlung zogen an einem Strang: Nur wenige Tage nach dem Kabinettsbeschluss entschied das Hessische Sozialparlament am 7. Juli, wie es das Problem der überbelegten forensischen Kliniken, in denen der Maßregelvollzug betrieben wird, lösen will. Bei nur einer Gegenstimme votierten die Abgeordneten für den Aufbau einer forensischen Klinik in Riedstadt mit bis zu 162 Plätzen für psychisch kranke Rechtsbrecher sowie den Ausbau der Klinik für forensische Psychiatrie in Hadamar auf 235 Plätze für suchtkranke Rechtsbrecher. Die Gesamtverantwortung für diese gesellschaftlich wichtige und unverzichtbare Aufgabe habe den LWV bewogen, trotz des ablehnenden Bürgerentscheides in Riedstadt an diesem Standort festzuhalten, "der unter den gegebenen Umständen der optimale ist", erläuterte LWV-Landesdirektor Lutz Bauer den Beschluss. Bereits wenige Tage nach dem Votum der Verbandsversammlung waren Bauer und Staatssekretär Gerd Krämer vom Hessischen Sozialministerium vor Ort, um Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung zu erläutern.

Riedstadt: Höchste Priorität für Sicherheit

Eine einfache Aufgabe war es nicht, die sich Krämer und Bauer vorgenommen hatten: Die Hessische Landesregierung und die Verbandsversammlung des LWV hatten Beschlüsse zum Ausbau der hessischen Forensikstandorte gefasst, darunter auch die Entscheidung, am Standort Riedstadt eine neue Klinik für forensische Psychiatrie zur Behandlung von psychisch kranken Rechtsbrechern zu errichten, obwohl am 16. Mai 2004 ein Bürgerentscheid in Riedstadt eine deutliche Ablehnung der Planungen zum Ausdruck gebracht hatte (siehe LWV-Info Nr. 2/2004).

So betrafen die meisten der von den rund 100 Teilnehmern der Informationsveranstaltung gestellten Fragen und Diskussionsbeiträge auch weniger fachliche Dinge, sondern kreisten mehr um Demokratieverständnis und politische Glaubwürdigkeit. Nach dem Bürgerentscheid sei eine solche Entscheidung gegen den Bürgerwillen gerichtet und somit undemokratisch, war mehrfach zu hören und kam auch in Flugblättern zum Ausdruck, die von der Bürgerinitiative verteilt wurden. Krämer wie auch Bauer hatten zuvor betont, dass sich keiner die Entscheidung für den Standort Riedstadt leicht gemacht habe, da man die Ängste und Vorbehalte der Bevölkerung sehr ernst nehme. Die getroffene Entscheidung sei zudem nicht undemokratisch: Der Gesetzgeber habe die Zuständigkeit für den Maßregelvollzug der Landesebene zugeordnet, daher könne letztlich nur dort verantwortlich entschieden werden. "Das Gesetz verpflichtet die Gremien des LWV alles dafür zu tun, dass die von hessischen Gerichten eingewiesenen psychisch kranken Rechtsbrecher untergebracht und behandelt werden können", sagte der LWV-Chef. Die von der Bürgerinitiative geforderte Sicherheit der Bevölkerung könne am besten durch eine erfolgreiche Behandlung der straffällig gewordenen psychisch Kranken gewährleistet werden. Auf den Maßregelvollzug könne daher nicht verzichtet werden, auch nicht auf eine funktionelle Integration in ein psychiatrisches Krankenhaus, denn: "Eine forensische Klinik ‚auf der grünen Wiese’ oder ‚versteckt im Wald’ kann ihren gesetzlichen Auftrag nicht ordentlich erfüllen", stellte Bauer klar. Der LWV wolle dabei seine Kapazitätsprobleme bei weitem nicht allein in Riedstadt lösen. Eine Reihe weiterer Maßnahmen, darunter auch verantwortbare Erweiterungen an anderen Standorten, sei bereits auf den Weg gebracht worden. Für die Zukunft gelte nach wie vor: "Die Sicherheitsinteressen Riedstädter Bürgerinnen und Bürger haben bei Realisierung des Vorhabens höchste Priorität."

Hadamar: Verbesserte Therapiebedingungen

Über 145 anerkannte Plätze verfügt die forensische Klinik in Hadamar, in der suchtkranke Rechtsbrecher behandelt werden. Wegen der steigenden Zahl gerichtlicher Einweisungen ist sie seit Jahren überbelegt. Derzeit werden dort 218 Patienten behandelt. Nach dem Beschluss der Verbandsversammlung können nun die notwendigen räumlichen und strukturellen Bedingungen geschaffen werden, damit die Platzzahl dauerhaft auf 235 erweitert werden kann. Dies soll durch Neubauten, Erweiterungsbauten und organisatorische Veränderungen erreicht werden, die zur Verbesserung der therapeutischen Bedingungen einen wesentlichen Beitrag leisten können. Zugleich wird die Klinik dadurch auf ihre maximale Kapazität ausgebaut: In Abstimmung mit dem Hessischen Sozialministerium wurde die Zahl von 235 Patienten als Belegungsobergrenze festgelegt.

Entlastung für die überbelegte Klinik versprechen sich die LWV-Verantwortlichen durch die Einrichtung einer Außenstelle der Hadamarer Klinik in Marburg, wo bis zu 20 Forensikpatienten in einer eigenen geschlossenen Station aufgenommen werden sollen. Die Station in Marburg ist als Übergangslösung konzipiert: Sie soll die Klinik in Hadamar entlasten, bis die forensische Klinik Merxhausen in Bad Emstal ihren Betrieb aufgenommen hat und die Umbauten in Hadamar abgeschlossen sind. Planungen dazu wurden bereits mit der Stadt Marburg abgestimmt.

Eltville: Platzzahl klargestellt

Nichts anderes besagten die LWV-Planungen, seit Juni 2004 hat es die Gemeinde Kiedrich auch schriftlich: Die Klinik für forensische Psychiatrie Eltville im ZSP Rheinblick wird auf maximal 57 Plätze ausgebaut. Dies bestätigt die zwischen LWV und der Gemeinde Kiedrich unterzeichnete Vereinbarung, zu der LWV-Landesdirektor Lutz Bauer und der Kiedricher Erste Beigeordnete Winfried Steinmacher im Rathaus zusammen kamen.
In der Vereinbarung verpflichtet sich der LWV außerdem, in der Klinik ausschließlich den Personenkreis straffällig gewordener chronisch psychisch kranker und geistig behinderter Patienten aufzunehmen, die bereits nach § 63 Strafgesetzbuch in der forensischen Klinik Haina erfolgreich behandelt wurden. "Mit der Vereinbarung geben wir der an das ZSP-Gelände angrenzenden Gemeinde Kiedrich unsere erneute und schriftlich verbindliche Zusage, nach der die forensische Klinik auf eine maximale Kapazität von 57 Plätzen ausgebaut wird", sagte Bauer beim Termin. Die Vereinbarung solle unterstreichen, dass die Klinik in Eltville nach den in der Fachwelt anerkannten „Hainaer Qualitätsmaßstäben“ geführt werde: "Dort gab es im vergangenen Jahr lediglich eine Entweichung im Zusammenhang mit Vollzugslockerungen. Straftaten wurden dabei überhaupt nicht registriert", so der LWV-Chef.
Die Klinik für forensische Psychiatrie in Eltville, die vor etwa zwei Jahren ihren Betrieb aufnahm und gegenwärtig mit 18 Patienten belegt ist, befindet sich innerhalb des Geländes des Zentrums für Soziale Psychiatrie Rheinblick, welches zwar auf dem Territorium der benachbarten Stadt Eltville, aber nur wenige Kilometer vom Ortszentrum der Gemeinde Kiedrich entfernt liegt.

Mit der Vereinbarung zwischen LWV und der Gemeinde, die auch vom Hessischen Sozialministerium befürwortet wird, stellt der LWV darüber hinaus klar, dass nur solche Patienten in die Eltviller Klinik verlegt werden, bei denen anhand fachlich anerkannter Prognosekriterien festgestellt wurde, dass von ihnen kein erhöhtes Gefährdungspotential für die Öffentlichkeit ausgeht. Mit der Stadt Eltville soll eine gleichlautende Vereinbarung abgeschlossen werden. (jda)