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LWV im bundesweiten Vergleich vorn

"Benchmarkingbericht 2004"

Seit sieben Jahren führen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe in Deutschland ein bundesweites „Benchmarking“ durch. In diesem Jahr erschien der dritte Bericht. Das Benchmarking gibt den teilnehmenden Institutionen Kennzahlen an die Hand, mit denen sie sich mit Anderen vergleichen sowie ihre eigenen Strukturen und Prozesse kritisch hinterfragen können. Die Daten sind wichtige Steuerungsinformationen, um eigene Entwicklungspotenziale erkennen zu können. Wohnen und Werkstätten für behinderte Menschen werden in den Kennzahlenvergleich einbezogen. Der jüngste Bericht enthält Kennzahlen zu den leistungsberechtigten Personen sowie zur Entwicklung der Kostenstruktur von 1998 bis 2002. Eindrucksvoll bestätigt er den vom LWV erfolgreich eingeschlagenen Weg der Kostendämpfung beim Wohnen für Menschen mit Behinderungen: Die Kostensteigerungen zeigen für Hessen – um die Fallzahlsteigerungen bereinigt – den niedrigsten Wert eines Flächenlandes und unterschreiten den Bundesdurchschnitt um mehr als die Hälfte.

Bundesweite Trends

Bundesweit setzen die Träger der überörtlichen Sozialhilfe seit Jahren auf den Ausbau des Betreuten Wohnens, dennoch findet in der stationären Eingliederungshilfe noch ein Platzausbau statt. Die Tendenz ist dabei leicht abnehmend: Eine Steigerung wurde lediglich für Erwachsene, nicht aber für Minderjährige festgestellt. Parallel dazu ist das Betreute Wohnen in fast allen Ländern mit einer Steigerungsrate von 10 % von 1998 bis 2002 stark ausgebaut worden, während die Ausgaben in der stationären Eingliederungshilfe im Fünfjahreszeitraum bundesweit um 7 % wuchsen. Wichtig für künftige Planungen: Der steigende Anteil älter werdender behinderter Menschen – vor allem in Werkstätten und Betreutem Wohnen – muss bei der Planung tagesstrukturierender Maßnahmen berücksichtigt werden.

Auch in den Werkstätten für behinderte Menschen fand bundesweit ein Platzausbau statt. Hier verzeichneten die Träger der Eingliederungshilfe in den letzten Jahren Steigerungen von durchschnittlich 3,5 % bei leicht fallender Tendenz. Höher lag die durchschnittliche Steigerung der Fallzahlen: Sie lag bei 4,3 %, bei der Gruppe schwerstbehinderter Menschen sogar bei 7 %. Wachstum auch bei den Ausgaben für die Werkstätten: Sie stiegen im Fünfjahreszeitraum bundesweit um 7, für den Schwerstbehindertenbereich um mehr als 10 %.

Aufgrund des Nachrangigkeitsgrundsatzes der Sozialhilfe muss der Kostenträger prüfen, ob die entstandenen Kosten durch andere Einnahmequellen der Leistungsbezieher (teilweise) aufgefangen werden können. Für die Einnahmen ergab die Untersuchung, dass diese im Zeitraum 2000 bis 2002 bei nahezu allen Teilnehmern gestiegen sind; größtenteils wegen Änderungen im Wohngeldrecht und bei Unterhaltszahlungen nach SGB IX, Steigerungen ergaben sich aber auch im Bereich der Renten. Sofern der Wohngeldanspruch für behinderte Menschen in stationären Wohneinrichtungen durch erneute Änderung des Wohngeldgesetzes entfallen sollte, befürchten die überörtlichen Träger der Sozialhilfe Einnahmeverluste von rund 7,5 %.

Wirksame Kostendämpfung

In Hessen baut der LWV seit 1988 das Betreute Wohnen zügig aus. Der Vergleich mit anderen Bundesländern bestätigt eine positive Entwicklung beim Ausgabevolumen für das stationäre Wohnen: Es weist unter den Flächenländern den niedrigsten Wert auf. Doch das Betreute Wohnen ist nicht der einzige Aspekt, der zu einer erheblichen Kostendämpfung beigetragen hat. Durch moderate Anpassungen für Vergütungstarife und schließlich auch durch eine nachhaltig wirkende Verwaltungsreform konnte der Kostenanstieg wesentlich gedämpft werden. Die Grafik macht deutlich:

  • die durchschnittliche jährliche Steigerungsrate der Fallzahlen über den Zeitraum 1998 bis 2002 in Prozent,

  • die durchschnittliche jährliche Steigerungsrate der Ausgaben über den Zeitraum 1998 bis 2002 in Prozent sowie

  • die Differenz zwischen der Ausgaben- und der Fallzahlentwicklung.

Letztere gibt Auskunft über die tatsächliche Ausgabensteigerung, weil der Fallzahlanteil herausgenommen wird.

12 von insgesamt 24 überörtlichen Trägern in Deutschland haben hier Fallzahlen- und Ausgabendaten für die gesamten fünf Jahre geliefert. Es ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von 4,5 % für die Hilfeempfänger, von 7,2 % für die Ausgaben und von 2,7 % für die reine Ausgabensteigerung, wenn der Steigerungsanteil der Fallzahlen (4,5 %) von der 7,2 %-igen Ausgabensteigerung abgezogen wird.

Hessen liegt mit einer Steigerungsrate von 4 % für die Hilfeempfänger unterhalb des Mittelwertes von 4,5 %. Überdurchschnittliche Steigerungen sind in Niedersachsen (6,4 %) und den bayerischen Bezirken (Mittelfranken 8,3 %, Oberfranken 5,1 %, Oberpfalz 5,2 %, Unterfranken 6,6 %) zu verzeichnen, geringe Steigerungen in Westfalen-Lippe, Baden, Bremen und Hamburg. Die hessische Steigerungsrate läge bei tatsächlichen 3,3 %, denn in 2002 sind 320 Hilfeempfänger der Eingliederungshilfe zugeordnet worden, die vorher Hilfe zur Pflege erhalten hatten. Damit bezeichnen diese keinen echten Neuzugang, erhöhen aber den durchschnittlichen Steigerungswert.

Bezüglich der Ausgabenentwicklung gesamt zeigt sich ein Mittelwert von 7,2 %. Hessen liegt hier, zusammen mit Bremen (4,8 %) und Hamburg (1,2 %), mit 5,2 % am unteren Ende der Skala. Unter Herausrechnung der schon erwähnten Ausgaben für die 320 Hilfeempfänger, die vorher der Hilfe zur Pflege zugeordnet waren, läge die Ausgabensteigerung bei 4,9 %. Dass hier die Steigerungen in Niedersachsen und den bayerischen Bezirken (wie bei den Fallzahlen) überdurchschnittlich hohe Steigerungsraten aufweisen, ist vorwiegend auf die dortigen hohen Fallzahlsteigerungen zurückzuführen.

„Netto“-Ausgabensteigerung niedrig

Die jährliche „bereinigte“ Netto-Ausgabensteigerung zeigt einen Mittelwert von 2,7 %. Zu berücksichtigen ist hier, dass diese Steigerung durch folgende Faktoren beeinflusst wird:

  • jährlich zunehmende Ausgaben für die interne Tagesstruktur in Wohnheimen, z.B. für aus Altersgründen ausgeschiedene Beschäftigte aus den Werkstätten für behinderte Menschen,

  • Kostensteigerungen durch Fluktuation in der Belegung, z. B. wenn selbstständigere Hilfeempfänger in das Betreute Wohnen wechseln und dafür eher schwerer behinderte Menschen stationäre Leistungen erhalten,

  • Kostensteigerungen bei laufenden Fällen durch Einstufung in höhere Hilfebedarfsgruppen, sofern hier Differenzierungen nach Hilfebedarfsgruppen vorgenommen wurden.

Für Hessen liegt die Steigerungsrate bei niedrigen 1,2 %. Dasselbe gilt für Bremen (1,5 %) und Hamburg (0,3 %). Überdurchschnittlich hohe Steigerungsraten sind bei dem größten Teil der bayerischen Bezirke (Oberfranken 4,9 %, Oberpfalz 4,5 %, Unterfranken 3,5 %) festzustellen. Abschließend zu dieser Grafik lässt sich noch sagen, dass die Steigerungen ausnahmslos im Erwachsenen-Bereich zu verzeichnen sind.

Das Benchmarking wird mit den Daten für die Jahre 2003 und 2004 fortgesetzt, Ergebnisse werden für 2005 erwartet. Workshops zur Prozessqualität im Wohnen für behinderte Menschen und zu unterschiedlichen Verfahren bezüglich der Einstufung in Hilfebedarfsgruppen im Wohnen sollen weitere Aspekte der Ausgabensteuerung beleuchten.

Uwe Schalm-Blume/(jda)