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Debatte zur LWV-Reform dauert an

Die von der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger im November eingesetzte Arbeitsgruppe mit der Aufgabe, ein Reformkonzept zur Zukunft des LWV zu erarbeiten, hat ihre Arbeit nicht, wie ursprünglich vorgesehen, im April abschließen können. Angesichts der komplexen und vielschichtigen Thematik hat sich in der Arbeitsgruppe weiterer Beratungsbedarf ergeben. Wichtiger Beratungsgegenstand sind alternative Berechnungsmodelle zur bisherigen LWV-Verbandsumlage, durch die in Hessen der Löwenanteil der Eingliederungshilfe finanziert wird. Sie wird bei den Landkreisen und kreisfreien Städten Hessens erhoben und bemisst sich nach der Finanzstärke der Gebietskörperschaften. Auch haben die Überlegungen, wie künftig die Einrichtungen des LWV geführt werden, noch nicht zu abschließenden Beschlüssen in den Selbstverwaltungsgremien geführt.

Zukunft der Eingliederungshilfe

Ein kurzer Blick zurück: Anstoß für die im Herbst vergangenen Jahres aufflammende Debatte über den künftigen Aufgabenzuschnitt beim LWV war der Anstieg der Verbandsumlage im LWV-Haushalt 2005, der bei den Financiers der Behindertenhilfe auf beispiellos hohe Defizite in deren eigenen Budgets traf. Ursachen für den Anstieg der Verbandsumlage: Zum einen der stetige Anstieg bei den Fallzahlen in der Eingliederungshilfe aus (bundesweit feststellbaren) demografischen Gründen, zum anderen die Entscheidung der Verbandsversammlung aus dem Vorjahr, die Rücklage fast vollständig zur Absenkung der Verbandsumlage in 2004 einzusetzen. Also kein „hausgemachtes“ Problem mangelnden Kostenbewusstseins. Dass dieses Kostenbewusstsein bei allen Verantwortlichen in Verwaltungsausschuss und Verbandsversammlung vorhanden ist, konnte mit Verabschiedung des Haushaltes 2005 einmal mehr unter Beweis gestellt werden: Einstimmig votierte das Hessische Sozialparlament am 9. März für den Etat, der mit einer gegenüber dem Entwurf deutlich abgesenkten Verbandsumlage sowie mit einem Personalkostenanteil auf historischem Tiefstand verabschiedet werden konnte (siehe Bericht in diesem LWV-Info).

Trotz Einstimmigkeit beim Haushalt wurden in der vorangehenden Debatte unterschiedliche Auffassungen über den weiteren Weg bei der LWV-Reform deutlich, wenngleich die Redebeiträge stärker ein gewandeltes Klima im Plenum als bereits konkrete Reformvorhaben erkennen ließen. Unterdessen war das Bedürfnis bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen und Verwaltungsdienststellen nach weiteren Informationen groß. An vielen Orten kamen die Beschäftigten zu Veranstaltungen zusammen, bei denen das Gespräch, die Diskussion mit den politischen Entscheidungsträgern gesucht wurde. So bei einer lebhaften Veranstaltung im Kasseler Ständehaus Ende Februar, zu der die Gewerkschaft ver.di neben Landesdirektor Lutz Bauer und Erstem Beigeordneten Uwe Brückmann Repräsentanten aller in der Verbandsversammlung vertretenen Parteien aufs Podium geholt hatte. Von einer vielköpfigen Demonstration begleitet wurde die Verbandsversammlung am 9. März, bei der Arbeitnehmervertreter dem Präsidenten der Verbandsversammlung, Kurt Wilhelm Sauerwein, eine Unterschriftensammlung übergaben, mit der sie ihren Widerstand gegen einen „Ausverkauf des LWV“ bekundeten.

Zukunft der Einrichtungen

Welche (gesetzlichen) Aufgaben der LWV in Zukunft wahrnehmen wird, entscheidet der Hessische Landtag, indem er die Kompetenzen zwischen dem örtlichen und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe festlegt. Anders sieht es bei den Einrichtungen des LWV aus. Sie sind daher auch nicht Gegenstand der Beratungen in der vom Sozialministerium moderierten Arbeitsgruppe. Deren Zukunft bestimmen die Selbstverwaltungsgremien des LWV, die sich bei ihren im März angelaufenen Beratungen auf ein Gutachten zur „Wirtschaftlichkeitsanalyse und strategischen Positionierung der Einrichtungen des LWV“ stützen können. 
Bei der Entgegennahme der Expertise im Verwaltungsausschuss sah sich LWV-Landesdirektor Lutz Bauer mit den Gutachtern darin einig, dass die LWV-Einrichtungen bei anhaltend hohem Kostendruck wirtschaftlich leistungsfähig seien und über das nötige Eigenkapital zur Abdeckung finanzieller Risiken verfügten. „In dieser Konsequenz stellt das Gutachten dann auch fest, dass der Verkauf von Einrichtungen oder einzelnen Betriebszweigen nicht empfohlen wird“, erläuterte der LWV-Chef, der den Abgeordneten vorschlug, anknüpfend an ein Konzept vom September 2003 alle noch als Eigenbetriebe geführten Zentren für Soziale Psychiatrie und die Sozialpädagogischen Zentren in gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung umzuwandeln. Zur Erbringung von Wirtschafts- und Versorgungsleistungen soll nach den Vorstellungen des LWV-Chefs eine eigenständige Servicegesellschaft gegründet werden, um durch Nutzung von Synergieeffekten Kosten zu senken. Eine strategische Steuerung für die Unternehmensgruppe will der Landesdirektor innerhalb der LWV-Hauptverwaltung installieren. Eine entsprechende Beschlussvorlage Bauers wurde im Verwaltungsausschuss am 13. April in erster Lesung beraten. Den Abgeordneten der Verbandsversammlung liegt das Gutachten ebenfalls zur Beratung vor. Vertiefte Informationen erhoffen sich die Mandatsträger von einer Präsentation durch die Gutachter im zuständigen Fachausschuss, dem Krankenhausausschuss. Ein von SPD und FWG in der Sondersitzung der Verbandsversammlung am 29. April eingebrachter Antrag zur kurzfristigen Umsetzung eines Reformkataloges, wie ihn der Vorschlag des Landesdirektors vorsieht, wurde einstimmig zur weiteren Beratung an den Krankenhausausschuss überwiesen. Dort beraten werden soll auch ein weiterer Antrag zur Zukunft der Einrichtungen, der von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegt wurde. (jda)



Internet-Diskussionsforum

Die LWV-Reformdebatte geht Viele an: Für alle Betroffenen, unter ihnen mehr als 40.000 Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen, unter ihnen auch über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für alle weiteren Interessierten, die an der Diskussion teilnehmen möchten, hat der LWV im Internet eine Plattform eingerichtet. In einem moderierten Forum können Meinungen geäußert, Positionen bezogen und der Dialog gesucht werden. Die Beiträge sind für alle Internetnutzer nachlesbar. Veröffentlicht werden alle Texte, die den Regeln des Diskussionsforums entsprechen. Das Forum kann über die Homepage des LWV www.lwv-hessen.de angesteuert werden. (jda)



Reformdebatte: Baden-Württemberg

Wertvolle Erkenntnisse erwarten die hessischen Entscheidungsträger aus Baden-Württemberg. Dort wurden bekanntlich die beiden Landeswohlfahrtsverbände zum Jahresende 2004 aufgelöst, die Einzelfallhilfe den Stadt- und Landkreisen übertragen. Schon im Vorfeld waren kritische Stimmen zu hören, die Entscheidung des dortigen Landtages sei nicht konsequent durchgerechnet, alle Konsequenzen nicht vollständig durchgeplant worden. In diesen Tagen wird der neue Baden-Württembergische Sozialminister Andreas Renner in den Medien mit der Aussage zitiert, er wünsche sich am liebsten die Landeswohlfahrtsverbände zurück, denn die hätten einen Vorteil gehabt: Nur einer war zuständig. Heute hingegen müssten 44 Stadt- und Landkreise selbst herausfinden, wie sie die Arbeit mit den behinderten Menschen finanzieren. Renner weiß, wovon er spricht: Der Christdemokrat war vor seiner Berufung in das Kabinett von Ministerpräsident Günther Oettinger Oberbürgermeister von Singen. (jda)



Reformdebatte: Bayern

In Bayern haben Vertreter der Bayerischen Staatsregierung und der sieben Bezirke in einem Spitzengespräch im April Reformkonzepte zur Zuständigkeit der kommunalen Sozialleistungsträger erörtert. Nach Auffassung der Landesregierung sollen bis zur Sommerpause Vorschläge zur Kostendämpfung bei den Sozialhilfekosten erarbeitet werden. Die Landesregierung will dies durch Optimierung der Aufgaben und veränderte Zuständigkeiten erreichen. Die Vertreter der Bezirke bekundeten ihre Offenheit für eine Reform der Aufgabenstrukturen, plädierten aber dafür, ambulante und stationäre Formen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen auf einer Ebene, nämlich auf der des überörtlichen Trägers, möglichst bereits zum 1. Januar 2006, zusammenzuführen. Durch eine Konzentration könnten die Kompetenzen der Bezirke in ihren Kernbereichen gestärkt werden, für die betroffenen Menschen entstünde mehr Transparenz im Verwaltungsvollzug. Gleichzeitig könnten nicht unerhebliche Einspar- und Synergieeffekte erschlossen werden.

Bei der Hilfe zur Pflege warnten die Bezirksvertreter vor einer Verlagerung auf die Ebene der örtlichen Träger: Gäbe es hier künftig 96 statt bisher sieben Kostenträger, drohe eine Zersplitterung des Verwaltungsvollzuges, sei mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen. (jda)