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Erster Spatenstich für neue forensische Klinik

Mit dem ersten Spatenstich haben Gerd Krämer, Staatssekretär im Hessischen Sozialministerium, und der damalige LWV-Landesdirektor Lutz Bauer im August die Bauarbeiten für den Neubau der forensischen Klinik Merxhausen in Bad Emstal offiziell gestartet.
Für den Neubau hatte das Land Hessen im Juli dieses Jahres rd. 10,8 Mio. Euro bewilligt. Die Errichtung des Neubaus wurde an einen Generalunternehmer vergeben. Die Abwicklung der Bauarbeiten wird von einem Projektmanager kontrolliert. Der Zeitplan sieht vor, dass im April 2007 die ersten Patienten einziehen. Mit der Fertigstellung der forensischen Klinik Merxhausen werde die Situation bei der Therapie und gesicherten Unterbringung suchtkranker Rechtsbrecher in Hessen spürbar verbessert, waren sich die Vertreter von Land und LWV einig.

Wechselvolle Geschichte

Die Klinik für forensische Psychiatrie in Bad Emstal als Betriebszweig des ZSP Kurhessen plant der Landeswohlfahrtsverband Hessen als Träger der Einrichtung seit dem Jahr 2000. Das Land Hessen stimmte den LWV-Planungen mit einem Kabinettsbeschluss im Jahr 2001 zu. Ein von einer örtlichen Bürgerinitiative initiiertes Bürgerbegehren gegen den Bau der forensischen Klinik scheiterte im März 2002, denn die Mehrheit der Bürgerschaft stimmte den Planungen zu. Der erste von zwei Bauabschnitten für die forensische Klinik startete im November 2004 mit dem Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten der „Alten Schule“ in Bad Emstal, wo auf drei Ebenen 15 Plätze in einem offenen Therapiebereich entstehen (s. LWV-Info 01/05). Die Kosten für den Umbau der „Alten Schule“, einem denkmalgeschützten Gebäude, belaufen sich auf rund 3 Mio. ¤, von denen das Land Hessen rd. 2,2 Mio. Euro finanziert. Die Errichtung eines Forensikstandortes in Merxhausen wird seit Anfang 2002 von einem Forensikbeirat begleitet. Der Beirat ist Bindeglied zwischen der Klinik und der Emstaler Bürgerschaft. (rvk)


Der Neubau

Der Neubau der forensischen Klinik entsteht auf dem Gelände der alten Gärtnerei des Zentrums für Soziale Psychiatrie Kurhessen. Der Bau ist ein Gebäudekomplex aus fünf Bauteilen, deren Anordnung zwei gesicherte Innenhöfe ergeben. Auf rd. 3.700 qm entstehen insgesamt 69 Therapieplätze für suchtkranke Rechtsbrecher. Abgesehen vom Eingang und der Pförtnerloge wird die Klinik die verschiedenen Abschnitte des Neubaus in zwei unterschiedlichen Sicherheitsstufen betreiben. Im gesicherten Bereich befinden sich die Räume der Wohngruppen, der Klinikleitung sowie die Besucherräume und der therapeutische Funktionsbereich. Hier ist Platz für 48 Patienten. Im hoch gesicherten Bereich befindet sich die Aufnahme- und Rückverlegerstation für 21 Patienten.


Die Sicherungsanlagen der Klinik

Da es sich bei den suchtkranken Patienten um Rechtsbrecher handelt, hat eine zuverlässige Sicherung des Gebäudes eine große Bedeutung. Sie erfolgt vor allem durch die Außenfassade der Klinik. Hier sind alle Fenster durch zerstörungssichere Verglasung verschlossen, im hochgesicherten Bereich zusätzlich durch Stahlgitter. Die Zaunanlage bildet die zweite Sicherungslinie gegen Ausbrüche und verhindert, dass fremde Personen sich dem Gebäude nähern können. Abgesehen vom Eingangsbereich, zu dem Patienten keinen Zutritt haben, umfasst der Zaun den gesamten Neubau, ist 3,5 Meter hoch und wird von Videokameras überwacht. Die Sicherung der Klinikmitarbeiter übernehmen Personennotrufgeräte, mit der viele Mitarbeiter ausgestattet sind. Mit diesen Notrufgeräten können sich die Mitarbeiter untereinander verständigen und im Notfall Hilfe herbeirufen. In solchen Fällen orten die Pförtner den Hilferufenden über Funk. Ein ausgeklügeltes Schließsystem ergänzt die vorhandenen Sicherungseinrichtungen. Entstanden ist dieses differenzierte und umfangreiche Sicherheitskonzept in enger Abstimmung mit dem Landeskriminalamt. (cgy)


So funktioniert die Klinik

Die neue Forensik gliedert sich in drei Schwerpunkte: den therapeutischen Funktionsbereich, den Wohnsektor und das Besuchsareal. Im therapeutischen Funktionsbereich sind die Arbeitstherapie, die Ergotherapie sowie die schulische Weiterbildung und die Physiotherapie angesiedelt. In der Klinik können die Patienten ihren Hauptschulabschluss nachholen, Deutschkenntnisse erwerben oder vertiefen sowie Teile von Berufsabschlüssen absolvieren, die sie sich nach der Entlassung auf eine Berufsausbildung anrechnen lassen können.
Im Wohnsektor leben die Patienten in verschiedenen Wohngruppen. Hier werden auch die in der Verhaltenstherapie erworbenen sozialen Fertigkeiten angewandt und gefestigt. Zudem werden lebenspraktische Dinge wie Kochen und Putzen trainiert. Im Besucherareal ist nicht nur der Kontakt zu Rechtsanwälten und Richtern möglich, sondern ebenso das Treffen mit Angehörigen und Freunden. Der Erhalt der privaten Kontakte ist wichtig, denn ein intaktes soziales Umfeld hat eine große Bedeutung für eine günstige Prognose der Patienten.
Therapeutische Angebote an zentraler Stelle, das schulische Angebot und die Arbeitstherapie sollen den suchtkranken Rechtsbrechern eine Rückkehr in ein Leben außerhalb des geschützten Bereichs der Einrichtung ermöglichen. (cgy)


Erweiterungsbau der Forensik in Gießen bezogen

Drei Gebäude hat die Außenstelle der Klinik für forensische Psychiatrie Haina in Gießen von der Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie Gießen übernommen und kann so insgesamt 60 neue Plätze für die Behandlung psychisch kranker Rechtsbrecher schaffen. Nach zwischenzeitlichem Abschluss der Umbauarbeiten konnte das Haus 4 mit einer Kapazität von 30 Betten zum 1.11.2005 vollständig in Betrieb genommen werden, so dass die überbelegten Stationen etwas entlastet werden. Mit dem Abschluss der Umbauarbeiten in den Häusern 1 und 3 ist im Jahr 2007 zu rechnen, womit 30 weitere Maßregelvollzugsplätze (Haus 3) zur Verfügung stehen werden.

Die vorgesehene Nutzung der neuen Gebäude stellte der Ärztliche Direktor Rüdiger Müller-Isberner im Forensikbeirat vor: In Haus 4 werden auf einer sog. Schnellläufer-Station Patienten mit einem gut behandelbaren Krankheitsbild sowie Schizophrenie-Patienten behandelt. In Haus 3 sollen minderbegabte Menschen mit geistiger Behinderung untergebracht und in Haus 1 sollen die Räume für die Ambulanz , Ergotherapie und Rehabilitation genutzt werden. Insgesamt hat das Land Hessen für den bedarfsgerechten Umbau rd. 5,9 Mio. Euro bewilligt. Einen hohen Stellenwert hat auch an diesem Forensikstandort die Sicherheit. So gibt es neben Sicherheitsglas und Vergitterung automatisch gesteuerte Tür-Schleusen sowie 4,30 Meter hohe Zäune mit Untergrabungsschutz. 38 neue Stellen in unterschiedlichen Berufsfeldern wurden für die Behandlung der psychisch kranken Rechtsbrecher geschaffen. (rvk)