12.08.2024
Kassel/Hadamar/Idstein (lwv): Einen umfangreichen Band zur Geschichte der Verbrechen im Kalmenhof sowie der Auseinandersetzung nach 1945 bis in die Gegenwart legt jetzt der Kulturwissenschaftler und Autor Christoph Schneider vor. In der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof wurden während der NS-Diktatur über 700 Kinder, Jugendliche und Erwachsene ermordet. Der Kalmenhof und insbesondere sein ehemaliges Krankenhaus gehören damit zu den schrecklichen Tatorten der nationalsozialistischen „Euthanasie“.
Das heute erschienene Buch baut auf dem von Vitos Rheingau beauftragten Forschungsbericht auf, den Schneider gemeinsam mit Dr. Harald Jenner erarbeitet und 2019 der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Die Studie „Der Kalmenhof. NS-,Euthanasie‘ und ihre Nachgeschichte“ beleuchtet die ungeheuerlichen Verbrechen überwiegend an Kindern und Jugendlichen im Kalmenhof, versucht die Lebensgeschichten von Opfern zu rekonstruieren und nennt Täterinnen und Täter sowie Tatbeteiligte. Der Band legt das bewusste Verdrängen und Verschweigen der Verbrechen durch Institutionen, Gesellschaft und Einzelpersonen wie auch des wenig empathischen Umgangs mit den Opfern nach 1945 offen.
Das Buch wurde vom Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen in Auftrag gegeben und ist der zweite Band in der Schriftenreihe der Gedenkstätte Hadamar. „Diese 300 Seiten starke Veröffentlichung zum Kalmenhof stellt einen notwendig weiteren Schritt auf dem Weg zu einer offenen, selbstkritischen und nachhaltigen Erinnerung an die Verbrechen und ihrer Opfer dar,“ sagt Ulrike Gote, Erste Beigeordnete des LWV. „Das ist uns sehr wichtig.“
Vitos Teilhabe, der LWV Hessen und die Gedenkstätte Hadamar unterstützen und fördern diese Erinnerung. Aus dieser Absicht heraus wird derzeit der Gedenk- und Lernort Kalmenhof aufgebaut, um am authentischen Ort die Geschichte der „Euthanasie“-Verbrechen während der NS-Diktatur aufzuarbeiten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Christoph Schneider: Der Kalmenhof. NS-"Euthanasie“ und ihre Nachgeschichte
Verlag Brill/Schöningh, Paderborn 2024 (Schriftenreihe der Gedenkstätte Hadamar, Bd. 2)