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Walter-Picard-Preis

Elsbeth Pfaff und „Starke Bande“ ausgezeichnet


Preisübergabe Walter-Picard-Preis

Preisübergabe Walter-Picard-Preis (v.l.): LWV-Landesdirektorin Susanne Selbert; Preisträgerin Elsbeth Pfaff aus Maburg; Dr. Patricia Trautmann-Villalba, Geschäftsführerin der Stiftung Starke Bande Frankfurt; Annika Fink, Stiftungsgründerin Starke Bande und Martina Abeln-Schermuly, Therapeutin bei der Stiftung Starke Bande. Foto: Uwe Zucchi

10.03.2022

Kassel (lwv): Gleich zwei Preisträger erhalten in diesem Jahr den Walter-Picard-Preis des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen. LWV-Landesdirektorin Susanne Selbert überreichte heute den mit 5.000 Euro dotierten Preis an Elsbeth Pfaff aus Marburg und Annika Fink, Gründerin der Frankfurter Stiftung Starke Bande, die sich den Geldpreis teilen. Beide erhielten zudem eine Skulptur als sichtbare Auszeichnung. "Beide Preisträgerinnen zeigen exemplarisch, wie neu ins Leben gerufene, passgenaue Projekte und Unterstützungsangebote psychisch kranken Menschen unmittelbar dort helfen, wo sie leben, eingebettet in ihr soziales Umfeld", sagte Susanne Selbert bei der Preisübergabe im Ständehaus in Kassel. Insgesamt 31 Vorschläge aus ganz Hessen waren eingereicht worden. "Nach zwei Jahren Corona-Pandemie, die vielen Menschen psychisch erheblich zugesetzt haben, können wir die große Einsatzbereitschaft hinter allen diesen Initiativen und Angeboten gar nicht genug wertschätzen", so Selbert.

Seit Ende der 60-er Jahre engagiert sich Elsbeth Pfaff für die Verbesserung der Lebenssituation psychisch kranker Menschen in der Region Marburg-Biedenkopf. Sie ist – wie Walter Picard, der Namensgeber des Preises – eine Wegbereiterin der Psychiatriereform. 1973 gründete sie mit anderen die Bürgerinitiative (BI) Sozialpsychiatrie in Marburg, in der sie 17 Jahre lang ehrenamtlich im Vorstand tätig war, davon acht Jahre als Vorsitzende. In dieser Zeit gab sie immer wieder neue Impulse für die Weiterentwicklung des Vereins, so den Aufbau von therapeutischen Wohngruppen, die Einführung ambulanter Angebote, die Gründung der Selbsthilfekontaktstelle sowie die Eröffnungen der Wohn- und Rehabilitationseinrichtung „Haus am Ortenberg“ und der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle Marburg, beides im Jahr 1988. Alle Angebote sind heute unverzichtbarer Teil des Angebots für psychisch kranke Menschen in Marburg und Umgebung.
Ebenso trug Elsbeth Pfaff dazu bei, dass die BI Sozialpsychiatrie Mitglied des Diakonischen Werkes wurde und war in ihrer Zeit als BI-Vorsitzende im Verband evangelischer Einrichtungen für Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung tätig. Für den Vorstand des Verbandes nahm sie den Besuchs- und Beratungsdienst war. Diese Aufgabe führte sie in alle großen Einrichtungen des Verbandes, wodurch sie Einblicke gewann, die für den Aufbau neuer Strukturen und Einrichtungen für seelisch erkrankte Menschen sehr hilfreich waren.

Weil ihrer Einschätzung nach noch ein therapeutischer Ansatz im land- und hauswirtschaftlichen Bereich mit tiergestützter Therapie fehlte, baute Elsbeth Pfaff selbst ein Angebot in privater Trägerschaft auf. In Gladenbach-Weitershausen kaufte sie ein Hofgut, sanierte es und eröffnete 1989 den „Merjehop“. 2016 kam als weiterer Standort der Opperhof in Weitershausen dazu. In beiden Einrichtungen leben heute um die 40 seelisch kranke Erwachsene in Form des Ambulant betreuten Wohnens oder im Rahmen der besonderen Wohnformen und erhalten ein multimodales Behandlungskonzept. Bis heute ist die 86-jährige Elsbeth Pfaff Teil der Geschäftsführung.

Die Stiftung Starke Bande wurde 2011 von Annika Fink ins Leben gerufen, um Familien zu helfen, in denen mindestens ein Familienmitglied psychisch schwer belastet oder erkrankt ist. Geholfen wird einerseits durch kostenfreie Aufsuchende Psychotherapien und andererseits durch das Programm "STARK!", das sich direkt an Kinder psychisch kranker oder suchterkrankter Eltern wendet. Ziel der Stiftungsarbeit von "Starke Bande" ist, die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken und die psychische Gesundheit der betroffenen Familienmitglieder wieder herzustellen.

Psychosozial belastete Mütter und Väter werden darin unterstützt, die Verantwortung für die eigene Familie und die Versorgung der Kinder wieder wahrnehmen und einen geregelten Tagesablauf bewältigen zu können. Dies ermöglicht, dass auch in sozial, finanziell und emotional belasteten Familien wieder Fürsorge, Rücksicht und Zusammenhalt das Miteinander prägen. Das ergänzende Präventiv-Programm „Stark!“ will betroffene, aber noch gesunde Kinder durch Gesprächsangebote und Gruppentreffen unterstützen und emotional entlasten sowie die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Stärken fördern. "Sich auf eine sichere, innige Bindung verlassen zu können ist ein wesentlicher Schlüssel für ein selbstbestimmtes, selbstbewusstes Leben. Jeder hat ein Recht auf diese Bindung. Wir versuchen, dabei so gut es geht zu helfen", betonte Stiftungsgründerin Annika Fink anlässlich der Preisverleihung.

Die Stiftung Starke Bande wird ausgezeichnet für das vielfältige aufsuchende Angebot für psychisch kranke Menschen und den damit verbundenen Beitrag zum Erhalt der Familien.

Walter-Picard-Preis

Der von der LWV-Verbandsversammlung 2001 ins Leben gerufene, mit 5.000 Euro ausgestattete Walter-Picard-Preis wird alle zwei Jahre für besonders nachahmenswertes ehrenamtliches Engagement oder professionelle Projekte in der hessischen Gemeindepsychiatrie vergeben. Namensgeber der Auszeichnung ist der Sozialpolitiker Walter Picard aus Offenbach. Er war einer der Initiatoren der Psychiatrie-Enquête, die ab 1975 maßgeblich zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Deutschland beigetragen hat.
Picard gehörte dem Bundestag an und war lange Abgeordneter der Verbandsversammlung des LWV. Ihm lag es besonders am Herzen, offene und wohnortnahe Hilfen für psychisch kranke Menschen zu schaffen. Auch für die Stärkung von Selbsthilfe-Projekten setzte sich Picard ein. Der Walter-Picard-Preis wird in diesem Jahr zum elften Mal vergeben.


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