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Halt! Leichte Sprache

Der LWV hat schon viele Texte
in Leichter Sprache geschrieben.
Es sollen noch mehr werden.

Leichte Sprache ist wichtig für die Inklusion.
Inklusion bedeutet:
Menschen mit und ohne Behinderung
leben und arbeiten gemeinsam.
Informationen in Leichter Sprache
können alle Menschen besser verstehen.

Das können Sie in diesem Text lesen:

Sie können ein Gespräch mit Mitarbeiterinnen
vom LWV über Leichte Sprache lesen.

Wir stellen 3 Fachleute für Leichte Sprache vor.
Der Text ist in Leichter Sprache.

Sie können auch sehen,
was der LWV schon in
Leichter Sprache geschrieben hat.

 


 

Halt! Leichte Sprache

 

KASSEL. Wenn Josef Ströbl an seinem Computer sitzt, stößt er immer wieder ein gedehntes „Ooooh jeeee, oh jee“ aus. Seine Kolleginnen wissen dann, er sitzt vor einer besonders unverständlichen Textpassage. Josef Ströbl ist Experte für Leichte Sprache beim Verein „Mensch zuerst“. Er weiß aus eigener Erfahrung, wann Menschen, die wie er Lernschwierigkeiten haben, über „Textsalat“ und Wort-Ungetüme stolpern. Diese Stolpersteine aufzuspüren, gehört seit mehr als zehn Jahren zu seinem Beruf.

Gemeinsam mit der Werkstatt der Baunataler Diakonie und dem LWV hat sich Josef Ströbl seinen Arbeitsplatz bei Mensch zuerst geschaffen. Es ist ein Außenarbeitsplatz der Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Regelmäßig bringt der 58-Jährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Behörden oder Einrichtungen die Regeln der Leichten Sprache bei und überprüft Texte, die andere übersetzt haben. Sein „Ooooh jeeee“ ist Gradmesser dafür, wie viel es bei diesen Texten noch zu verbessern gibt.

Mit den Jahren ist die Abteilung Leichte Sprache beim Verein Mensch zuerst in Kassel deutlich gewachsen: Neben Ströbl arbeiten die 54-jährige Anita Kühnel und die 52-jährige Anette Bourdon in dem Büro in der Kölnischen Straße 99. Sie haben ebenfalls Außenarbeitsplätze. Ihr Ziel: Die Sprache, die auch für Menschen mit geistiger Behinderung verständlich ist, zu verbreiten. „Wir nennen uns Menschen mit Lernschwierigkeiten“, wirft Josef Ströbl ein und macht deutlich: Den Begriff „geistige Behinderung“ lehnt er ab. Er und die anderen haben gelernt, ihre Position klar zu vertreten, für ihre Rechte zu kämpfen. Das war nicht immer so.

„Es saßen immer mal Leute in Grüppchen zusammen“, sagt Ströbl. „Jemand sagte: ‚Verdammt und zugenäht! Das ist schwer zu verstehen.’ Dann haben wir unsere Unterstützer gefragt…“ Er klopft energisch auf den Tisch, bevor er weitererzählt. „Wir haben gesagt. ‚Das müsste man doch jetzt mal aufschreiben, was uns stört an der schweren Sprache. Das wäre doch gut, wenn wir ein Buch machen würden.’“ Und so entstand das Wörterbuch für Leichte Sprache. 1999 kam es zum ersten Mal raus, seit 2008 gibt es eine überarbeitete Fassung.

Kühnel, Bourdon und Ströbl sind inzwischen gefragte Experten. „Vorige Woche waren wir in Luxemburg und haben eine Schulung gemacht“, erzählt Kühnel. „Im September fahre ich nach Mosbach.“ Ströbl ergänzt: „Von Hamburg bis München, von Aachen bis Berlin: Es gibt keine Ecke in Deutschland, wo wir noch nicht waren.“ Sogar nach Österreich und Südtirol reichen ihre Kontakte.

„Wir bringen auch anderen Menschen mit Lernschwierigkeiten bei, wie sie diese Texte prüfen können“, sagt Anette Bourdon. So ist die Zahl der Übersetzungsbüros in Deutschland inzwischen von zehn auf zwanzig gewachsen. Wichtig dabei sei, so betont Henrik Nolte, der die drei als Übersetzer und Referent für Leichte Sprache unterstützt, dass jeder seinen Weg finde, wie er oder sie am besten prüfen könne.

So lässt sich Anette Bourdon den Text mit einem Computerprogramm über Kopfhörer vorlesen, wenn sie das Geschriebene auf Verständlichkeit prüft. Anita Kühnel druckt sich den Text aus und macht ihre Kommentare handschriftlich. Josef Ströbl sitzt vor dem Computer, liest still und begleitet seine Kommentare eben durch ein vernehmliches „Oh jee!“.

Anita Kühnel hat ein Papier in Leichter Sprache vor sich liegen, das sie häufig bei Schulungen benutzt. „Die Geschichte der Leichten Sprache“ steht darauf. Sie liest vor. „In den 70-er Jahren gab es in Amerika die ersten People-First-Gruppen. People First ist Englisch. Auf Deutsch heißt das: Mensch zuerst. Es bedeutet: Wir wollen zuerst als Menschen gesehen werden. Wir sind Menschen wie alle anderen auch. Die Behinderung ist nur ein Teil von unserer Person. Menschen mit Lernschwierigkeiten haben sich zusammengeschlossen. Damit sie ihre Rechte besser vertreten können. Damit sie in ihrem Leben mehr selbst bestimmen können.“

Anita Kühnel stockt manchmal beim Lesen. Sie wirkt schüchtern, schaut zwischendurch die anderen am Tisch an. Später sagt sie mir, dass sie sich immer frage, ob sie das gut mache bei den Schulungen. Dann ergänzt sie: „Die Leute sagen immer, ich mache das gut.“ Leichte Sprache, das wird deutlich, hat viel mit Selbstbewusstsein zu tun. Und das haben sie sich angesichts der alltäglichen einschüchternden Hürden erst einmal erarbeiten müssen.

Es könnte mehr Briefe geben vom Amt, die in Leichter Sprache geschrieben sind, findet Anita Kühnel. Ströbl hofft, dass sich mit dem Aktionsplan der Bundesregierung, der unter anderem zum Ziel hat, dass barrierefreie Informationen künftig Alltag sein werden, etwas bewegt. Auch die UN-Konvention (Ströbl: „Konvention ist ein schweres Wort. Ich sage Übereinkommen.“) macht ihnen Hoffnung. Denn darin stehe, so Ströbl, „man muss möglichst das, was man braucht, auch kriegen.“ Schwere Sprache macht sie manchmal wütend. Einmal, so sagt Ströbl, sei er bei einer Veranstaltung rausgegangen und habe die Tür zugeknallt. „Verdammt“, habe er gesagt, „diese Kopfschlauen reden über uns, aber nicht mit uns.“ An Behörden, auch an den LWV, hat er einen Wunsch: Dass an den Türen nicht nur Namen und Zahlen stehen, sondern künftig auch ein Foto der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters klebt. „Das wäre gut.“ Denn er und viele andere erkennen mit Fotos oder Bildern deutlich leichter. Deshalb sind bei Texten in Leichter Sprache stets kleine Zeichnungen eingefügt, die das Geschriebene veranschaulichen.

Vor einiger Zeit haben sie Schilder gegen die Ohnmacht entwickelt. Es sind rote Karten mit der Aufschrift „Halt! Leichte Sprache“. Auf der Rückseite steht: „Fragen Sie Menschen mit Lernschwierigkeiten“. Inzwischen werden sie gefragt.

Elke Bockhorst

 


 

BASIS FÜR TEILHABE

Interview mit Christa Schelbert und Carmen Vaupel vom LWV-Fachbereich für Menschen mit geistiger Behinderung

 

Seit einigen Jahren geben Sie Informationsbroschüren Ihres Fachbereichs in Leichter Sprache UND in schwerer Sprache heraus. Warum haben Sie sich dazu entschlossen?
Schelbert: Uns ist es wichtig, möglichst viele Informationen in Leichte Sprache zu übersetzen, denn Kommunikation ist Voraussetzung, um sich selbst vertreten zu können. Paul Watzlawik sagte schon: Man kann nicht NICHT kommunizieren. Wir tun es über Gesten genauso wie mit Mimik, Sprache und Verhalten. Kommunikation misslingt oft, wenn komplexe Sachverhalte vermittelt werden sollen. Und viele Konflikte resultieren aus Missverständnissen. Deshalb ist es wichtig, Informationen so zu kommunizieren, dass sie verstanden werden.
In der UN-Konvention zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderung findet sich das Thema Kommunikation an verschiedenen Stellen wieder. Artikel 9 macht deutlich, dass Kommunikation eine Voraussetzung für Teilhabe und das Recht auf Selbstbestimmung ist.

 

Wie kann Leichte Sprache dabei helfen?
Schelbert: Menschen mit geistiger Behinderung müssen die Chance haben, ihre Interessen deutlich zu machen und Absprachen zu treffen. Sie müssen sich selbst informieren können. Dafür ist Leichte Sprache wichtig.

 

Was genau ist Leichte Sprache?
Vaupel: Leichte Sprache ist nicht einfach nur verständliche Sprache. Sie unterliegt bestimmten Regeln. Die wichtigsten heißen:

  • Nur eine Aussage pro Satz
  • Keine Fremdwörter verwenden
  • Lange Worte mit Bindestrichen unterteilen.

Oft ist das auch für andere leichter zu lesen – bei Worten wie Sonder-Ausschuss- Sitzungs-Vorstand. Sogar im Duden steht, dass man lange Wörter zur besseren Lesbarkeit durch Bindestriche unterteilen kann.

 

Können Sie einen Beispielsatz nennen?
Vaupel: Nehmen wir die Rechtsbehelfsbelehrung, die unter jedem Bescheid steht. Sie lautet: Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben.
In leichter Sprache heißt das: Wenn Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind, können Sie das sagen. Dafür haben Sie einen Monat Zeit. Achten Sie auf das Datum vom Bescheid.

Schelbert: Kennzeichend für Texte in Leichter Sprache ist auch, dass die Aussage mit Zeichnungen unterstützt wird.

 

Für Nicht-Eingeweihte wirken die Texte zunächst fremd und sperrig…
Vaupel: Ich denke, das ist Gewohnheitssache. Die Regeln sind von Menschen mit Behinderung selbst aufgestellt worden und sie sind in den Europäischen Richtlinien für die Erstellung von leicht lesbaren Informationen für Menschen mit geistiger Behinderung festgehalten. Sie sind also nicht willkürlich.

Schelbert: Leichte Sprache ist nur eine Form der unterstützten Kommunikation. Sie muss nicht für jeden Menschen die richtige sein. Wir bekommen von Betroffenen, Angehörigen und Trägern viele positive Rückmeldungen. Auch etliche, die mit Menschen mit seelischer Behinderung arbeiten, nehmen unsere Broschüren gern an. Wir stellen unsere Informationen in Leichter UND in schwerer Sprache zur Verfügung, so dass sich jeder die Variante aussuchen kann, die geeignet ist.

 

Verwenden Sie Leichte Sprache auch bei der Korrespondenz?
Schelbert: Ja, wir haben schon verschiedene Schreiben in Leichte Sprache übersetzt. Zum Beispiel, als eine Werkstatt renoviert wurde und wir die Mitarbeiter informiert haben, dass sie vorübergehend in ein anderes Gebäude umziehen mussten. Bei den Kostenzusagen im stationären oder Betreuten Wohnen läuft gerade ein Test in Kassel. Den ersten Zusagen fügen wir in der Regel eine Übersetzung bei. Das ist ein erster Schritt und hat für uns eine große Bedeutung.

 

Wann wird Leichte Sprache selbstverständlich sein?
Schelbert: Schwer zu sagen. Es wird seit einigen Jahren viel mehr darüber nachgedacht, wie Barrieren überwunden werden können. Mut macht, dass People first, in Deutschland repräsentiert durch den Verein „Mensch zuerst“, die Sache selbst in die Hand genommen hat und sich damit zunehmend profiliert.

 

Wie haben Sie die leichte Sprache gelernt?
Schelbert: Den Anstoß gab die Frage: Wie binden wir Menschen mit Behinderung bei Fachtagungen ein. Daher wollten wir die Einladungen auch in Leichter Sprache versenden und haben uns an Mensch zuerst gewandt.

Vaupel: Die ersten Kenntnisse habe ich mir mit dem Wörterbuch von Mensch zuerst und den europäischen Richtlinien angeeignet. Daraufhin habe ich eine interne Arbeitshilfe erarbeitet. Dann haben wir an einer Schulung bei Mensch zuerst teilgenommen. 16 Kolleginnen und Kollegen vom LWV waren dabei. Die Teamer haben so anschaulich von ihren Erfahrungen berichtet und tolle Text-Beispiele gebracht. Wir haben uns plötzlich in ihre Situation hineinversetzen können. Alle waren begeistert.

Das Interview führte Elke Bockhorst.

 


 

Halt! Leichte Sprache

Josef Ströbl arbeitet bei dem Verein Mensch zuerst.
Dort prüft er Texte auf Leichte Sprache.
Oft sitzt er am Computer und sagt: „Ooh jee!“
Dann ist wieder ein Satz schwer zu lesen.

Josef Ströbl hat noch 2 Kolleginnen:
Anita Kühnel und Anette Bourdon.
Alle 3 sind Fachleute für Leichte Sprache:

Sie prüfen, ob Texte gut zu verstehen sind.

  • Und sie bringen anderen Menschen bei,
    wie man Texte in Leichter Sprache schreibt.

Dafür reisen sie viel durch Deutschland.
Manchmal sogar bis nach Luxemburg, Österreich oder Süd-Tirol.

Es gibt auch Schulungen für Prüfer und Prüferinnen.
Dort lernen Menschen mit Lern-Schwierigkeiten,
wie sie Texte prüfen können.

Bei diesen Schulungen ist es wichtig,
dass jeder seinen eigenen Weg findet.
Denn jeder prüft anders:

  • Anette Bourdon lässt sich den Text
    von einem Computer-Programm vorlesen.

  • Anita Kühnel liest den Text auf Papier.
    Dann unterstreicht sie die schweren Wörter.

  • Josef Ströbl liest den Text am Computer.
    Dann schreibt er seine Meinung dazu.

Die 3 Fachleute für Leichte Sprache haben ein Ziel:
Sie wollen, dass es mehr Leichte Sprache gibt.

Zum Beispiel:

  • Briefe und Anträge vom Amt.

  • An den Tür-Schildern von Büros sollen auch Fotos
    von dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin sein.
    Denn Bilder kann man viel leichter erkennen.

Josef Ströbl, Anette Bourdon und Anita Kühnel ärgern sich oft
über Menschen, die schwere Sprache sprechen.
Darum gibt es die roten Karten.
Auf den Karten steht: „Halt! Leichte Sprache“.
Die Karten kann man bei Tagungen hoch halten,
wenn ein Redner schwere Sprache spricht.
Dann weiß der Redner, dass er leichter sprechen muss.

 


 

Der Verein „Mensch zuerst“:

Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V.
ist ein Verein von und für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten.
Sie sind gegen den Begriff „geistige Behinderung“.
Sie nennen sich „Menschen mit Lern-Schwierigkeiten“.

Bei Mensch zuerst arbeiten Menschen mit Lern-Schwierigkeiten
zusammen mit ihren Unterstützungs-Personen.

Ein Ziel des Vereins ist: Leichte Sprache bekannter zu machen.
Darum übersetzen und prüfen sie Texte in Leichter Sprache.
Und sie haben ein Wörterbuch für Leichte Sprache geschrieben.

Internet: www.menschzuerst.de 
Telefon: 0561 72 88 555

 


 

Leichte Sprache

Texte in Leichter Sprache haben einfache Wörter
und kurze Sätze.
Die Schrift ist groß und Bilder helfen beim Verstehen.

Leichte Sprache ist wichtig
für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten.
Aber Leichte Sprache ist auch gut
für viele andere Menschen.

Zum Beispiel:

  • Menschen, die nicht gut lesen können.

  • Menschen, die nicht gut Deutsch können.

  • Junge Menschen und ältere Menschen.

  • Gehörlose Menschen.

Alle Menschen können Leichte Sprache besser verstehen.

Henrik Nolte hat die Zusammenfassung
in Leichter Sprache geschrieben.

Anette Bourdon, Anita Kühnel und Josef Ströbl
haben den Text geprüft.

Reinhild Kassing hat die Bilder gemalt.

 


 

Hefte in Leichter Sprache

Alle Menschen sollen wichtige Informationen
vom LWV lesen können.
Darum macht der LWV viele Hefte in Leichter Sprache.
Diese Hefte erkennt man an einem (diesem) besonderen Zeichen

Es gibt bis heute 9 verschiedene Hefte. Bald soll es mehr geben.

Die Hefte informieren über

  • den LWV

  • den Fach-Bereich für Menschen mit geistiger Behinderung

  • das Betreute Wohnen

  • das Begleitete Wohnen in Familien

  • Wege nach der Schule in den Beruf

  • Wege nach dem Arbeitsleben in den Ruhe-Stand

  • das Persönliche Budget (Geld)

  • den Integrierten Teil-Habe-Plan Hessen

  • die UN-Konvention, das ist das Übereinkommen über die Rechte
    für Menschen mit Behinderungen auf der ganzen Welt

Sie können diese Hefte im Internet lesen.
Bei www.lwv-hessen.de
Da müssen Sie erst auf Geschichte & Gegenwart klicken
dann auf Publikationen klicken
dann auf Hefte in Leichter Sprache.

Sie können die Hefte auch beim LWV bestellen:

Landes-Wohlfahrts-Verband Hessen
Öffentlichkeits-Arbeit
Ständeplatz 6-10
34117 Kassel

Telefon 0561 1004-2060

Sie können die Hefte auch mit einer E-Mail bestellen.
Die E-Mail-Adresse heißt:
info@lwv-hessen.de