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Pressemitteilung

Felsenkeller entdeckt


16.10.2015

Kassel (lwv): Der Verein Vikonauten und der LWV haben heute einen stadtgeschichtlich interessanten Felsenkeller neben dem Kasseler Ständehaus vorgestellt. Die Vereinsvorsitzenden Bernd Tappenbeck und Tom Gudella, die seit langem verborgene Orte in der Stadt suchen und bereits viele Bunkeranlagen, Gänge und Keller erforscht haben, sind in den Archiven der Stadt und des LWV auf Hinweise zu dem unterirdischen Bauwerk gestoßen. Vom Keller des Ständehauses aus suchten sie schließlich den Zugang, öffneten eine Mauer und fanden den Felsenkeller. Es ist einer der ehemals zwei historischen Felsenkeller des sogenannten Schwarzenbergschen Hauses, eines Wohn- und Geschäftshauses am Ständeplatz 10. Die Existenz dieses Kellers war in Vergessenheit geraten und selbst unter Stadthistorikern unbekannt. „Wir möchten einen weiteren Beitrag zum Erhalt des baulichen historischen Gedächtnisses der Stadt leisten“, sagte Bernd Tappenbeck.


Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gebäude am Ständeplatz 10 wurde bis 1837 für den Bergrat Adolph Schwarzenberg gebaut. Hier befand sich ab 1860 die chemische Fabrik Pfeiffer & Schwarzenberg (später Schwarzenberg & Comp.), die in ihrem Kontor unter anderem Alaunsalze und -lösungen führte. Diese mussten sowohl kühl als auch trocken gelagert werden. Später war das Haus laut Kasseler Adressbuch auch Sitz einer Versicherungsagentur, eines Großhandels („in Malsfelder, Bairischen u. Dortmunder Bieren u. ausländ. Spirituosen, Lager v. catalonischen Korkstoffen und Cigarren-en-gros-Geschäft“) sowie verschiedener Biergroßhandlungen, zuletzt der Firma „Heinrich Krönert, Bayrische, Pilsener u. Köstritzer Schwarzbiere in Syphon u. Flaschen“. Nachdem die Bierhandlung in die Karthäuser Str. 3 umgezogen war, wurde der Keller laut Bericht eines ehemaligen Mitarbeiters weiter genutzt, um die großen 200-Liter-Fässer, die vom Hauptbahnhof mit Pferdewagen abgeholt wurden, in den Stollen einzulagern und von dort zur Flaschenabfüllung in die Karthäuser Str. zu bringen.
Die Kelleranlagen wurden im Zweiten Weltkrieg zu Luftschutzzwecken nutzbar gemacht. In den Überlebensberichten (Schriftenreihe des Magistrats der Stadt Kassel, Kleine Reihe Band 4) zur Bombennacht 1943 werden sie als „Erdbunker“ erwähnt.
Bauaufträge und Rechnungen von 1944 und 1945 (Stadtarchiv Kassel) belegen die Anlage eines Verbindungsstollens zwischen Viktoriastr. und Ständeplatz, den Kellerdurchbruch, das Mauern eines Luftschachts sowie den Bunkerbau am Ständeplatz.
Entlang des im Bereich des Ständeplatzes ansteigenden Muschelkalk-Höhenrückens (Kratzenberg) existieren bis heute verschiedene (denkmalgeschützte) Felsenkelleranlagen. Alle bisher bekannten Felsenkelleranlagen sind aus kurhessischer Zeit. Die wiederentdeckte Kelleranlage mit Zugangsstollen und Tonnengewölbe ist in Kassel in dieser Form einzigartig. Obgleich die Keller in ihrer Ausdehnung kleiner als vergleichbare Anlagen im Stadtgebiet sind, handelt es sich aus Sicht des Vereins hierbei um ein Kulturdenkmal, das noch abschließend untersucht, erschlossen und abschließend historisch bewertet werden muss.
Weitere Informationen unter www.kassel-total.de


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