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Pionierprojekt mit Maltesern

Junge Hörgeschädigte jetzt auch Schulsanitäter


Gruppenbild mit den Mitwirkenden des Pilotprojektes

Die Mitwirkenden des Pilotprojektes (hinten v. l.): Schulleiterin Indra Schindelmann, Brigitte Dörr von den Frankfurter Maltesern, Erzieherin Cornelia Redetzki, Schulsozialarbeiterin Michaela Hess, Hörgeschädigtenpädagogin Sonja Seith sowie (vorne v. l.) die frisch ausgebildeten Schulsanitäterinnen und -sanitäter Omar Abdul-Al, Zohra Arjubi und Asma Ashemi. (Foto: Salome Roessler)

18.01.2021

Frankfurt: "Mein erster Gedanke war: Hier sind die Malteser mit ihrem Auftrag zu helfen am richtigen Ort", erinnert sich Brigitte Dörr von den Frankfurter Maltesern. Für die Projektleiterin des Schulsanitätsdienstes war es selbstverständlich, dass sie die Schule am Sommerhoffpark beim Aufbau eines Schulsanitätsdienstes unterstützt: "Kinder mit Hörbehinderung sollten genauso professionell wie alle anderen erweitere Erste-Hilfe-Maßnahmen kennen und anwenden können." Nun sind die ersten Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Projektwoche zu Schulsanitäterinnen und -sanitätern ausgebildet worden. "Darauf sind die Schülerinnen und Schüler genauso stolz wie wir. Es war eine sehr gute Erfahrung, mit ihnen zu arbeiten, von der auch wir viel gelernt haben", fasst Brigitte Dörr zusammen.

Sinnvolle Ergänzung und Bereicherung des Lernangebotes

"Mein Bruder ist Schulsanitäter, das möchten wir hier an der Schule am Sommerhoffpark auch werden können." Mit diesem Anliegen kamen zwei Schüler vor vier Jahren zu Schulleiterin Indra Schindelmann. Schülervertretung, Schulleitung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren sich einig, dieses Projekt anzugehen, zumal es die Brandschutzerziehung und die Erste-Hilfe-Kurse an der Schule sinnvoll ergänzt.

Bereits die bisherigen Angebote bereiten die Schülerinnen und Schüler auf schwierige Situationen vor, in denen sie Kenntnisse und Sicherheit brauchen, um mit ihrer Hörschädigung richtig reagieren und helfen zu können. Eine Mitstreiterin für ein solches Projekt konnte nur die Erzieherin Cornelia Redetzki, selbst gehörlos, sein, die seit mehr als 20 Jahren die Workshops mit den Schülerinnen und Schülern durchführt.

Die zweite wichtige Person zu einem erfolgreichen Aufbau dieses Projekts, zuständig für die Vernetzung und Organisation, wird eine der zwei Schulsozialarbeiterinnen der Schule, Michaela Hess. Sie ist es auch, die die Malteser als Kooperationspartner gefunden hat, und so begann die für alle spannende Reise in ein noch "unbekanntes Land": Schulsanitäter an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Hören. Nichts ist selbstverständlich. "Was für uns Hörende eine selbstverständliche Wahrnehmung ist, trifft für Gehörlose so nicht zu", umschreibt Brigitte Dörr das Pionierprojekt. Zuerst absolvierte Cornelia Redetzki die Ausbildung zur Malteser Schulsanitätsdienst-Dozentin - der Unterricht wurde von zwei Gebärdensprachdolmetscherinnen übersetzt.

Damit betraten die Malteser Neuland. Zudem bedurfte es besonderer Hilfsmittel: etwa ein Blutdruckmessgerät, das ohne Stethoskop funktioniert, und ein "Notfall-Fax", auf dem mittels Piktogrammen der Notfall geschildert und dann an die Leitstelle geschickt werden kann. Das hatte Redetzki mit der Berufsfeuerwehr Frankfurt schon vor vielen Jahren entwickelt. "Dringend benötigt wird auch ein Defibrillator, ein sogenannter AED. Da würden sich die motivierten Schulsanitäterinnen und Schulsanitäter über eine Spende sehr freuen", betont Brigitte Dörr.

Eine starke Gruppe

Dank guter Vorbereitung von allen Seiten und der Etablierung einer AG Schulsanitäter, der auch die Hörgeschädigtenpädagogin Sonja Seith angehört, verlief die Ausbildungswoche im Dezember 2020 reibungslos. Cornelia Redetzki übte mit den hoch motivierten Schülerinnen und Schülern in Rollenspielen die Handlungsfähigkeit und Kommunikation in Unfallsituationen. Mut war gefragt bei den Reanimations-Übungen mit der Puppe - doch alle wuchsen über sich hinaus. Tolle Woche - großartige Kinder - so lautet auch Brigitte Dörrs Fazit. Ein gutes Fundament, um im kommenden Schuljahr die nächsten Schulsanitäterinnen und -sanitäter an der Schule am Sommerhoffpark auszubilden.

Hintergrund

In vielen steckt ein Retter: Der Schulsanitätsdienst der Frankfurter Malteser

Zurzeit begleiten wir an acht Partnerschulen Schulsanitätsdienste, in denen sich insgesamt ca. 108 Schulsanitäterinnen und Schulsanitäter engagieren. Mit dem Aufbau und der Betreuung dieser Schulsanitätsdienste möchten wir jungen Menschen das Thema "Helfen" näherbringen: Anpacken, gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, Zivilcourage zeigen und vielleicht sogar Leben retten. "Leben retten ist keine Frage des Alters. Aber je früher mit der Ausbildung begonnen wird, desto mehr festigt sich das lebensrettende Wissen", da ist sich Brigitte Dörr sicher. Ihrer Meinung nach trägt der Schulsanitätsdienst dazu bei, die Erste Hilfe fest im allgemeinen Wissen zu verankern.

Was macht der Schulsanitätsdienst?

Er leistet in der Schule in Notfällen Erste Hilfe, dokumentiert die Hilfeleistung, ist für die Überprüfung und Ergänzung der Verbandsmaterialien zuständig, achtet durch seinen geschulten Blick auf Gefahrenquellen in der Schule. Er sichert Veranstaltungen der Schule wie Sportfeste oder Wandertage ab. Kurzum: Er sorgt für mehr Sicherheit in der Schule.

Was hat die Schule davon?

Schulsanitäter sind darin ausgebildet, im Notfall kompetent zu helfen, um die Unfallfolgen zu verringern. Sie wissen genau, wann eine Situation eine Alarmierung des Rettungsdienstes erfordert und setzen dies eigenständig um. Darüber hinaus werden im Schulsanitätsdienst Menschlichkeit, Hilfeleistung und Toleranz trainiert, was wiederum das soziale Klima der Schule positiv beeinflusst. Verantwortung zu übernehmen und zu helfen vermittelt ein gutes Gefühl.

Die Schule am Sommerhoffpark

Die Schule am Sommerhoffpark ist ein überregionales Beratungs- und Förderzentrum (üBFZ) und eine Förderschule für Schülerinnen und Schüler mit einer Hörbehinderung mit der Zuständigkeit für das Einzugsgebiet von 5 Staatlichen Schulämtern in Südhessen. Sie ist eine von 15 Schulen in Trägerschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Die Schule ist eine Ganztagsschule mit einer Mittagsverpflegung und Nachmittagsangeboten. Zum pädagogischen Personal der Schule gehören Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher mit und ohne Hörbehinderung.

Am Schulstandort in der Gutleutstraße 295-301 werden zurzeit 200 Kinder und Jugendliche in speziell für ihre Bedürfnisse ausgestatteten Klassenräumen beschult. Pro Klasse werden in der Regel bis zu 10 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Die Jahrgänge umfassen die Vorklasse, eine fünfjährige Grundstufe und die Mittel- und Hauptstufe mit der Möglichkeit, einen Haupt- oder Realschulabschluss oder einen Berufsorientierten Abschluss zu absolvieren. In den meisten Jahrgängen ist die Schule am Sommerhoffpark zweizügig. Es wird mit lautsprachunterstützenden Gebärden (LUG), mit Deutscher Gebärdensprache oder lautsprachlich, mit Unterstützung einer guten Hörverstärkungstechnik, unterrichtet - zudem gibt es Klassen und Lerngruppen, z.B. die AG Schulsanitäter, in denen ein bilinguales (Laut- und Gebärdensprache) Angebot im Team-Teaching gemacht wird.

Weitere Infos unter www.sommerhoffpark.de.


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